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Was machen wir heute?: Rumänisch lernen

Seit ein paar Jahren lerne ich Rumänisch. Die Frage, warum ich das tue, kann ich nicht mehr hören.

Seit ein paar Jahren lerne ich Rumänisch. Die Frage, warum ich das tue, kann ich nicht mehr hören. Warum lernt man überhaupt irgendetwas? Die Rumänen haben z.B. einen tollen Humor. Früher hieß es: „Haben sie kein Fleisch?“ „Nein, wir haben keine Milch, kein Fleisch gibt es da drüben...“ Heute heißt es: „Rumänien ist ein herrliches Land, das leider bewohnt ist.“

Ich bin drei Wochen zum Sommersprachkurs in Craiova und höre dabei wieder viel über die drei großen Nationalkünstler: den Schriftsteller Eminescu, den Komponisten Enescu und den Bildhauer Brâncui. In Deutschland dürften sie nur wenigen bekannt sein. Dabei hat Eminescu von 1872 bis 1974 in Berlin studiert, sein Studium aber sympathischerweise nie abgeschlossen, sondern stattdessen Sankskrit-Vorlesungen gehört und im Café Kant übersetzt. Zu Lebzeiten hat er nur einen Gedichtband publiziert, mehr brauchte er nicht, um zum Fixstern der rumänischen Literatur zu werden.

In Sommerkursen wird leider etwas an der Gegenwart vorbeidoziert, weil man den Studenten nur die größten Schätze des Landes zeigen will. Der Alltag ist viel spannender. Der Sozialismus hat auch in Rumänien eine Generation hervorgebracht, die sich ihrer Erinnerungen beraubt fühlt, hier fiel die Abrechnung mit dieser Zeit sogar noch radikaler aus, weil die alten Kader immer noch an der Macht sind.

Es gibt aber seit zwei Jahren ein Blog, das sich den Objekten einer sozialistischen Jugend widmet: www.latrecut.ro. Es zeigt so schöne Dinge, wie das Gesellschaftsspiel „Joc istoric – Dacii i Romanii“ von 1977. Die friedliche Verschmelzung von Dakern und Römern, die die Rumänen zu direkten Nachfahren der Römer machen sollte, war ja ein von Ceaucescu gepflegter Nationalmythos. Damals hat Kaiser Trajan die Daker erobert, heute erobert der rumänische Präsident Traian Bsescu mit seinen Auswanderern Italien zurück, so hat es Berlusconi formuliert. Jochen Schmidt

www.latrecut.ro. Alternative: Restaurant „Transilvania“ , Markgraf-Albrecht-Str. 10, Wilmersdorf , Telefon: 47980641

Jochen Schmidt

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