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Was machen wir heute?: Trockenkartoffeln nachschmecken

Das sind ja wir! ruft der Künstlerfreund vor einem großen Foto: Vier Jungs drängen sich auf einer Ruinenmauer, einer in kurzen Hosen, ein anderer mit Schirmmütze, einer hat noch das Militärkoppel umgeschnallt.

Das sind ja wir! ruft der Künstlerfreund vor einem großen Foto: Vier Jungs drängen sich auf einer Ruinenmauer, einer in kurzen Hosen, ein anderer mit Schirmmütze, einer hat noch das Militärkoppel umgeschnallt. Sie sehen 1945 dem Einmarsch der Briten in Berlin zu. Der Rentner, damals sechs Jahre, klaute in diesem Juni blühende Sträucher in einem Vorgarten und warf sie den amerikanischen Soldaten auf die Panzer hinauf. Freude? Ja, und wie! Die Amis warfen nämlich mit Kaugummis und Schokolade zurück.

Dann gibt’s im alten Kino der Amerikaner, dem „Outpost“, viel zu sehen. Ein schneller Fall in die Tiefen der Vergangenheit der beiden Freunde. Die Schulspeisung: In diesem Jahr gab’s 49-mal „süße Nudeln“, schreibt ein Schüler. Reuters pathetischer Hilferuf an die Welt: „Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft.“ Bewegende Worte bis heute. Erinnerungen werden wach: Bedrohung, Hunger, abendliche Stromsperren. Der Rentner glaubt sogar den eklig-süßlichen Trockenkartoffeln während der Blockade nachzuschmecken. Viele Andenken an das Leben der alliierten Soldaten liegen liebevoll gesammelt in Schaukästen: Fotos vom „interkulturellen Heiraten“; oder eine Cecilia Benetti lehrt 1947 im „Berlin Observer“ Deutsch: „Ma’khen Zee dass Ba-de-tsimmer zou’ber.“

Den berühmten Tunnel, mit dem die Amerikaner die russischen Telefonleitungen anzapften, hat das Museum nach der Wende ausgegraben, er wird hier ausgestellt. Nostalgisch kommen den Freunden die Jeeps, die Fotos der Kasernen, der Schwimmbäder, der Spionageeinrichtung auf dem Teufelsberg oder die Uniformen vor. Bedrohlich wirken dagegen verwackelte Filme, die die Engländer bei ihren Fahrten durch die DDR gemacht haben: Russische Panzer, Militärzüge mit planenverhüllten Geschützen. Der kalte Krieg läuft einem wieder über den Rücken. Plümper

Alliierten Museum e.V., Clayallee 135 in Zehlendorf, geöffnet täglich außer Mittwoch von 10 bis 18 Uhr

Plümper

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