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Die Killer Queen und ihr Lakai. Brigitte Oelke neben Reinwald Kranner.

© DRAMA

"We Will Rock You": Rebellion der Gitarrenkids

Für zweieinhalb Stunden glaubt man gerne noch mal an die subversive Kraft verzerrter Gitarren und freut sich, wenn am Ende das berühmte Boom, Boom, Tschak des Titelsongs ertönt: Das Queen-Musical "We Will Rock You" im Theater des Westens.

Wir befinden uns in einem fernen Jahrhundert. Der Mega-Konzern Globalsoft beherrscht den Planeten, der Gagaismus hat die Welt erobert. Plastik-Pop ist die einzige legale Musikrichtung, Rock’n’Roll ist tot, Instrumente sind verboten. Nur ein paar versprengte Rebellen, die sich Bohemians nennen, leisten noch Widerstand. Sie versuchen verzweifelt, die Erinnerung an die Gitarrenmusik wachzuhalten. Als der junge Träumer Galileo Figaro zu ihnen stößt, sehen sie in ihm den Retter, der sie zur heiligen E-Gitarre führen kann.

Das trashige Science-Fiction-Setting des Queen-Musicals „We Will Rock You“, das 2002 in London Premiere hatte und nach Stationen in Köln und Stuttgart im Berliner Theater des Westens gastiert, ist ein schlauer Kunstgriff. Denn ähnlich wie beim ABBA-Musical „Mamma Mia“ wird hier einer legendären Band über den Umweg einer humorvollen Spielhandlung gehuldigt, in die geschickt die größten Hits eingeflochten sind. „I want to break free“, singt Mark Seibert als Galileo Figaro gleich zu Beginn. Dabei wirkt der blondgelockte Sänger in Jeans und Lederjacke wie eine jüngere Ausgabe von Bryan Adams.

An die Nina Hagen der Achtzigerjahre erinnert Jessica Kessler als seine Gefährtin Scaramouche. Mit ihrer rotzigen Punk-Attitüde provoziert sie die meisten Lacher und karikiert immer wieder die fäusteballende Virilität von Galileo Figaro, den sie nur Fifi nennt. Der Held ist auch sonst eine ironisch gebrochene Figur, die oft nicht weiterweiß. Er spricht in Songzitaten, ohne zu wissen, was sie bedeuten: „Alice, who the fuck is Alice?“

Gut ausgewählt sind die Bösen von „We Will Rock You“, allen voran Brigitte Oelke als Globalsoft-Konzernchefin Killer Queen. Ihre kraftvolles Organ passt perfekt zu Songs wie „Another one bites the dust“ oder „Don’t stop me now“, von dem sie leider nur den Anfang singt. Mit ihrer mächtig auftoupierten roten Mähne, den bodenlangen Leder-Outfits und der Glitzergürtelschnalle verkörpert die Schweizerin als Einzige eine gewisse campness, die ja in den Inszenierungen von Queen eine große Rolle spielte. Davon hätte Ben Eltons Musical, bei dem Queen-Gründungsmitglieder Brian May und Roger Taylor als musikalische Direktoren fungieren, durchaus etwas mehr vertragen können. So bleibt es jederzeit familienfreundlich und massentauglich.

In der Pause werden Leuchtstäbe verteilt, die dann auch gleich zum Einsatz kommen, als sich Scaramouche und Galileo Figaro im Schmachteduett fragen: „Who wants to live forever?“ Aus der ansonsten fast die komplette Show lang unsichtbaren achtköpfigen Band kommt ein Gitarrist nach vorne und spielt auf einer Red Special das Solo von Brian May.

Die zweite Hälfte ist deutlich kurzweiliger als die erste, was sicher auch daran liegt, dass man sich irgendwann nicht mehr fragt, warum auf einem Planeten, auf dem Rockmusik verboten ist, eigentlich dauernd Rock zu hören ist. Für zweieinhalb Stunden glaubt man gerne noch mal an die subversive Kraft verzerrter Gitarren und freut sich, wenn am Ende das berühmte Boom, Boom, Tschak des Titelsongs ertönt. Besser als Queen-Konzerte mit Freddie-Mercury-Imitatoren am Mikro ist das allemal.

Di/Do/Fr, jeweils 19.30 Uhr, Mi 18.30, Sa 14.30 u. 19.30 Uhr, So 14.30 Uhr

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