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Weimarer Kunstfest: Kulturpolitiker sorgt für Eklat

Bei seiner Eröffnungsrede zum Weimarer Kunstfest hat sich der stellvertretende Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Hermann Schäfer, wenig taktvoll gezeigt. Unter lauter Kritik des Publikums wurde er zum Abbruch seiner Rede gezwungen.

Weimar/Berlin - Hermann Schäfer hatte als Festredner unter dem Thema "Gedächtnis Buchenwald" über die Flucht und Vertreibung der Deutschen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gesprochen. Vorwürfe, er habe mit seinem Vortrag das Thema verfehlt, wies Schäfer jedoch zurück: Die Rede sei mit Festspielleiterin Nike Wagner abgestimmt gewesen. Das Publikum hatte auf die Rede mit Buhrufen reagiert und Schäfer mit lautem Klatschen am Weiterreden gehindert.

Es sei "bedauerlich und unverständlich", dass Schäfer ausschließlich über Flucht und Vertreibung der Deutschen gesprochen habe und mit keinem Wort auf die Opfer des KZ Buchenwald eingegangen sei, sagte Intendantin Nike Wagner am Samstag Spiegel Online.

Das Thema des Auftaktkonzerts "Gedächtnis Buchenwald" habe mit der Festrede überhaupt nicht zusammengepasst, kritisierte auch Festspiel-Geschäftsführerin Franziska Castell den Zeithistoriker Schäfer. "Diese Rede war ein Eklat, und zwar zu Recht", sagte sie.

Schäfer weist Kritik zurück

Schäfer wies dies zurück, entschuldigte sich aber im Sender MDR 1 Radio Thüringen für den Eklat. Er habe dies nicht provozieren wollen. "Bei dem Rahmenprogramm zur Eröffnung der Weimarer Festspiele habe ich mich mit meiner Rede thematisch genau an die Vorgaben der Leiterin der Festspiele, Nike Wagner, gehalten", betonte er. Sollte dies zu "Missverständnissen" oder "Unzufriedenheit beim Publikum" geführt haben, bedaure er dies, habe es "allerdings nicht zu vertreten". Er verwies auf das Einladungsschreiben, in dem er um "Reflexionen" zu "Flucht und Vertreibung" gebeten worden sei.

Die Festspiel-Geschäftsführerin Castell entgegnete, da habe Schäfer den Brief wohl nicht richtig gelesen. Das Schreiben liege ihr selbst vor, und diese Aufforderung komme nicht vor. Man hätte zwar über das Thema reden können, dann aber zum Beispiel unter dem Aspekt "Flucht und Vertreibung von Juden in Europa". Castell resümierte: "Herr Schäfer hat den Brief wohl missverstanden".

Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Volkhard Knigge, bezeichnete Schäfers Rede als "Zumutung". Ihm sei nicht klar, wie man an einem so klaren Thema vorbeireden könne.

Auf der Eröffnungsmatinee am Samstag sprach Weimars Oberbürgermeister Stefan Wolf (SPD) von einer "Beleidigung der Opfer und der Überlebenden", die Schäfer zu verantworten habe. Dieser habe wohl das "Gedächtnis Buchenwald" mit einer Veranstaltung des Vertriebenenverbandes verwechselt. Er entschuldige sich für diesen "unglaublichen Eklat".

Der Zeithistoriker Schäfer ist Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und hatte sich mit einer Ausstellung über das Thema Flucht und Vertreibung einen Namen gemacht. (tso/ddp)

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