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Kultur: Wettbewerb Der

Jafar Panahi trotzt dem Berufsverbot in seiner Heimat Iran. Der Österreicher Ulrich Seidl lädt zum dritten Mal ins Paradies. Und Emmanuelle Bercot geht mit Catherine Deneuve auf Reisen. Um den Goldenen und die Silbernen BÄREN konkurrieren 19 Filme aus 13 Ländern.

Berliner Schule goes West – und zurück ins Jahr 1898: 

Thomas Arslan („Im Schatten“, „Dealer“) schickt einen

deutschen Goldsuchertreck durch die kanadische Wildnis. 2500 beschwerliche Kilometer liegen vor der Gruppe des großspurigen Geschäftsmanns Wilhelm Laser, der von

Peter Kurth verkörpert wird. Außerdem schwingt sich Silber- Bären-Gewinnerin Nina Hoss (Foto) auf einen Pferderücken, um das Glück auf den neu erschlossenen Goldfeldern im hohen Norden zu suchen.

D, 112 Min., R: Thomas Arslan, D: Nina Hoss,

Marko Mandic, Uwe Bohm, Lars Rudolph, Peter Kurth

Studentin Haewon beendet eine Affäre mit einem ihrer

Professoren, doch der verheiratete Mann akzeptiert die

Trennung nicht. Überdies bekommen Haewons Kommilitonen Wind von der Geschichte. Verwirrt flüchtet die junge Frau aus Seoul und begibt sich zu einer alte Festung in den Bergen. Vor fünf Jahren war der 1960 geborene Regisseur Hong Sangsoo bereits mit „Nacht und Tag“ im BerlinaleWettbewerb. Auch damals flüchtete der Protagonist aus der

südkoreanischen Hauptstadt – allerdings nach Paris.

Süd-Korea, R: Hong Sangsoo, D: Eunchae Jung,

Sunkyun Lee, Ji-Won Ye

Nach „Paradies: Liebe“ und „Paradies: Glaube“, die bei den Filmfestspielen von Cannes und Venedig (Spezialpreis der Jury) zu sehen waren, läuft nun in Berlin das Schlussstück von Ulrich Seidls Trilogie. Diesmal geht es um die 13-jährige Melanie. Sie ist die Tochter von Teresa, die im „Liebe“-Teil als Sextouristin in Kenia unterwegs war. Die Teenagerin

verbringt ihre Ferien in einem streng geführten Diätcamp in den Ostalpen und verliebt sich in den 40 Jahre älteren Arzt, der die Einrichtung leitet.

Österreich, F, D, 95. Min., R: Ulrich Seidl, D: Melanie Lenz, Vivian Bartsch, Joseph Lorenz, Michael Thomas

„Diesen Film habe ich aus Wut gemacht“, sagte der bosnische Oscarpreisträger Danis Tanovic („No Man’s Land“).

Der Film basiert auf einer wahren Geschichte, die von den betroffenen Roma selbst gespielt wird: Als die schwangere Senada mit stechenden Bauchschmerzen in die Klinik kommt, erfährt sie, dass ihr Baby tot ist und sie selbst schnell operiert werden muss. Doch sie hat keine Krankenversicherung und der Arzt will nur helfen, wenn Senadas Mann 500 Euro bezahlt – eine astronomisch hohe Summe.

Bosnien u. Herzegowina, Frankreich, Slowenien,75 Min., R: Danis Tanovic, D: Senada Alimanovic, Nazif Alimanovic

Cornelia Kerenes (Luminita Gheorghiu, Foto) ist eine selbstverliebte Architektin, die zur rumänischen Oberschicht gehört. Als ihr Sohn Barbu eines Nachts ein Kind überfährt und tötet, setzt sie alles daran, ihn vor einer langjährigen Gefängisstrafe zu bewahren. Sie versucht Zeugen zu bestechen und will sogar die Eltern des getöteten Kindes mit Geld beschwichtigen. „Child’s Pose“ ist der dritte Spielfilm des 1975 geborenen und in Deutschland aufgewachsenen rumänischen Regisseurs Calin Peter Netzer.

Rumänien, 112 Min., R: Calin Peter Netzer, D: Luminita Gheorghiu, Bogdan Dumitrache, Florin Zamfirescu

Vor fünf Jahren nahm der kasachische Regisseur Emir

Baigazin am Berlinale Talent Campus teil, jetzt geht sein

Spielfilmdebüt ins Rennen um den Goldenen Bären. Im

Zentrum der Handlung steht der 13-jährige Aslan, der bei seiner Großmutter auf dem Land lebt. Der Junge hat einen Reinlichkeitszwang und ist in seiner Schule ein Außenseiter. Voller Abscheu blickt er auf das System von Unterdrückung, Manipulation und Schutzgelderpressung, das seine

Mitschüler errichtet haben.

Kasachstan, D, 110 Min., R: Emir Baigazin,D: Timur

Aidarbekov, Aslan Anarbayev, Mukhtar Andassov

Hollywood-Jungstar Shia LaBeouf (Foto, links), der mit den „Transformers“-Filmen bekannt wurde und demnächst in Lars von Triers „Nymphomaniac“ zu sehen sein wird, spielt die Titelrolle in Fredrik Bonds Regiedebüt: den Amerikaner Charlie, der sich in Bukarest in die Musikerin Gabi (Evan

Rachel Wood, rechts) verliebt. Da ein durchgeknallter

Drogenboss ebenfalls an der Frau interessiert ist, kommt der naive Charlie bald in große Schwierigkeiten.

USA, 107 Min., R: Fredrik Bond, D: Shia LaBeouf,

Evan Rachel Wood, Mads Mikkelsen, Til Schweiger

Eine neue Methode der Erdgasgewinnung steht im Zentrum dieses Politthrillers: Beim sogenannten Fracking sollen bislang unerreichbare Reserven tief in der Erde erschlossen werden. Steve Butler (Matt Damon, Foto), arbeitet für eine Firma, die Förderrechte in einer US-Kleinstadt erwerben will. Er soll die Menschen davon überzeugen, ihr Land zu verkaufen – und gerät in einen Gewissenskonflikt.

USA, 106 Min., R: Gus Van Sant, D: Matt Damon, John Krasinski, Frances McDormand

Die seit langem in Berlin lebende Regisseurin Pia Marais kehrte für ihren dritten Spielfilm nach Südafrika zurück, wo sie aufgewachsen ist. Ihr Politthriller erzählt die Geschichte der alleinerziehenden Mutter Layla (Rayna Campbell, Foto), die sich nach einem Unfall in ein Gewirr von Lügen verstrickt. Die Lage spitzt sich so heftig zu, dass sie Gefahr läuft, von ihrem Sohn getrennt zu werden.

D, F, Südafrika, Niederlande,

105 Min., R: Pia Marais,

D: Rayna Campbell, August Diehl

Vic ( Pierrette Robitaille, Foto, rechts) kommt aus dem

Gefängnis und zieht sich in ein Haus in den kanadischen Wäldern zurück. Sie will ihre Ruhe haben. Ihre Geliebte Flo (Romane Bohringer, links) kommt zu Besuch, und die

beiden erkunden zusammen die Umgebung. Zunächst scheint alles sehr idyllisch zu sein, doch nach und nach mehren sich beunruhigende Zeichen. In seinem fünften Langfilm entwirft der 39-jährige kanadische Regisseur

Denis Côté eine Kunstwelt zwischen Realität und Traum.

Kanada, 90 Min., R: Denis Côté, D: Pierrette Robitaille, Marc-André Grondin, Romane Bohringer

Letztes Jahr war Steven Soderbergh mit seinem Martial-Arts- Knaller „Haywire“ in Berlin, dieses Mal zeigt er einen Psychothriller. Emily nimmt Psychopharmaka gegen ihre Angstzustände. Nebenwirkung: kurze Absencen. Als ihr

Mann brutal ermordet wird, führt die Spur zu ihr, doch sie behauptet, sich an nichts zu erinnern.

Psychiater Jonathan Banks (Jude Law, Foto) untersucht den Fall. 

USA, 106 Min., R: Steven

Soderbergh, D: Jude Law,

Rooney Mara, Channing Tatum

Im Leben von Betty (Catherine Deneuve, Foto) läuft neuerdings einiges schief: Ihr langjähriger Liebhaber hat sich eine jüngere Frau gesucht, ihr Restaurant ist in einer finanziellen Krise, dazu stresst sie das Zusammenleben mit ihrer äußerst anstrengenden Mutter. Eines Tages lässt die Anfang Sechzigjährige spontan alles stehen und liegen – angeblich um Zigaretten kaufen zu gehen. Doch als sie keinen geöffneten Laden finden kann, fährt sie mit ihrem Auto einfach immer weiter. Ihr Trip wird zu einer kleinen Abenteuerreise, auf der sie einstige Schönheitsköniginnen trifft, in eine wilde Party gerät und sich von einem Mann mit gebrochenem Herzen seine tragische Liebesgeschichte erzählen lässt. Die 1967 in Paris geborene Regisseurin Emmanuelle Bercot, die auch als Schauspielerin arbeitet („Polisse“, „Camping sauvage“), hat dieses Roadmovie ausdrücklich für Catherine Deneuve geschrieben. Es ist ihr dritter Kinospielfilm.

Frankreich, 116 Min., R: Emmanuelle Bercot, D: Catherine Deneuve, Dominique Rocheteau,

Mylène Demongeot, Claude Gensac

Denis Diderots gleichnamiger Briefroman um die junge Suzanne Simonin, die gegen ihren Willen ins Kloster eintreten muss, ist kein neuer Filmstoff. Jacques Rivettes kirchenkritische Adaption (1966) wurde in Frankreich von der Zensur verboten. Guillaume Nicloux konzentriert sich in seinem Drama auf den

Widerstand der jungen Frau gegen ein lebenszerstörendes System.

Frankreich, Belgien, D, 114 Min., R: Guillaume Nicloux,

D: Pauline Etienne, Isabelle

Huppert, Martina Gedeck

Der katholische Priester Adam

arbeitet in einem polnischen Dorf mit schwer erziehbaren Jugendlichen. Einer von ihnen ist der schweigsame Bauernsohn

Lukasz. Auf Adam, der seine

Homosexualität seit langem

verdrängt, übt der Junge eine große Anziehungskraft aus.

Malgoska Szumowska war im letzten Jahr mit „Elles“ (Das bessere Leben) im Panorama zu Gast.

Polen, 97 Min., R: Malgoska

Szumowska, D: Andrzej Chyra, Mateusz Kosciukiewicz

Zwei Städter in der Wildnis: Alvin und Lance arbeiten in einem Waldbrandgebiet. Ihre Aufgabe besteht darin, die Fahrbahnmarkierungen der Straße zu erneuern. Lance leidet unter der Abgeschiedenheit, Alvin nicht. In seiner Freizeit erkundet er die Gegend, um verlassene Häuser zu entdecken und Geister aufzuspüren. Die Low-Budget-

Komödie feierte soeben Premiere auf dem Sundance-Festival.

USA, 94 Min., R: David Gordon Green, D: Paul Rudd, Emile Hirsch, Lance LeGault

Vielleicht ist Gloria (Paulina García, Foto) entfernt verwandt mit

ihrer Namensvetterin aus John Cassavetes’ gleichnamigem Klassiker. Denn beide lassen sich nicht unterkriegen. Die 58-jährige

Protagonistin aus Sebastián

Lelios viertem Spielfilm ist

geschieden, ihre Kinder sind aus dem Haus. Sie besucht Single-

Partys und erlebt Enttäuschungen – bis sie Rodolfo kennenlernt.

Chile, Spanien, 105 Min.,

R: Sebastián Lelio, D: Paulina García, Sergio Hernández

Bauer Sascha wird von Beamten bedrängt, seinen Hof aufzugeben. Da er den Pachtvertrag für die

Ex-Kolchose nur per Handschlag abgeschlossen hat, ist seine

rechtliche Situation schwach.

Der Druck auf ihn nimmt zu, doch seine Arbeiter bestärken ihn darin, nicht nachzugeben. Bekannt wurde der Regisseur mit seinem Debüt „Koktebel“ (2003).

Russland, 77 Min., R: Boris Khlebnikov, D: Alexander

Yatsenko, Eugene Sitiy,

Anna Kotova

Jafar Panahi hätte vor zwei Jahren Berlinale-Jury-Mitglied sein sollen. Doch der im Iran unter Hausarrest stehende Regisseur durfte sein Land nicht verlassen. Filmemachen ist ihm ebenfalls verboten, allerdings läuft mit „Pardé“ nun bereits sein zweites trotz Arrest fertiggestelltes Werk auf einem großen Festival. Es handelt von einer jungen Frau, die sich in einer Villa verbarrikadiert.

Iran, 106 Min., R: Jafar Panahi, Kamboziya Partovi, D: Kamboziya Partovi, Maryam Moghadam

Im Jahr 1913 lässt Camille Claudels Familie die Bildhauerin und einstige Geliebte Auguste Rodins in eine psychiatrische Anstalt in Paris einweisen. Später wird sie nach Südfrankreich verlegt. Sie wird nie wieder eine Skulptur erschaffen. Fast ausschließlich hinter den Mauern der Klinik spielt das Porträt des für seine radikale Filmsprache bekannten Franzosen Bruno Dumont („L’Humanité“), das vom Briefwechsel Camilles mit ihrem Bruder, dem Schriftsteller Paul Claudel, inspiriert wurde. In der Hauptrolle: Juliette Binoche (Foto).

Frankreich, 97 Min., R: Bruno Dumont,

D: Juliette Binoche, Jean-Luc Vincent

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