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Kultur: Wie Linien eines Notenblattes

In den Holzskulpturen, die Trak Wendisch bisher geschaffen hat, war der Körper nicht mehr Körper, er war angekohlt, wirkte durch die Farbe wie nacktes, blutiges Fleisch, einem enthäuteten Körper gleich.Die fast menschengroßen Figuren waren im Grunde Gefühle, materialisierte Seelenzustände.

In den Holzskulpturen, die Trak Wendisch bisher geschaffen hat, war der Körper nicht mehr Körper, er war angekohlt, wirkte durch die Farbe wie nacktes, blutiges Fleisch, einem enthäuteten Körper gleich.Die fast menschengroßen Figuren waren im Grunde Gefühle, materialisierte Seelenzustände.So war auch der aus Menschenleibern zusammengefügte, phantastisch-ungeheuerliche "Babelturm" (1991): aggressiv, schockierend und zugleich mementohaft verhalten.

Mit den jetzt ausgestellten Arbeiten scheint der Künstler in eine neue Phase eingetreten zu sein, die sich allerdings schon seit längerem vorbereitet hat.Tuschzeichnungen mit einer handschriftlichen Geste, einer Übertragung der psychischen Aktion in die große Bildform.Trak Wendisch schreibt seine Bilder stenogrammhaft nieder, ohne Wort-und Buchstabensinn, aber in Form grafischer Abläufe: Frequenzen, Anläufe, Abläufe, Rhythmen und Schwingungen.Materie in permanenter Bewegung.Die Tusche spritzt und kleckst, die Formsignale und Gestaltzeichen lassen auch Figürliches erahnen.

Dann wieder erweitert sich die zweidimensionale Bildfläche zum Relief, läßt flächenhafte Formelemente plastisch enden, geht zur Raumgestaltung über, zum Environment, das mit plastischen Formen bevölkert ist.Trak Wendisch hat große Stahlgestelle gebaut, in die Drahtfäden wie Linien eines Notenblattes gespannt sind, Fäden, die sich zu Wachsklumpen verdichten und dann wieder ausdünnen.Sie erwecken die Assoziation von durch den Raum schwebenden Figuren, die sich echoartig in parallelen, aber ihre Form immer wieder neu deformierenden Erscheinungen wiederholen.Der Betrachter soll hineintauchen in das Raumgitter der sich überschneidenden, in die Tiefe gehenden Linien, in ihre Bewegungen und Rhythmen.

"Zeitklangflächen" nennt sie Trak Wendisch.Ein Element wächst aus dem anderen, es ergibt sich eine unendliche Kette von Bezügen.In den mit vibrierendem Wasser gefüllten Stahlbehältern schaut man auf eine Vielfalt von Kleinstrukturen; es könnten Muschelbänke, blütenhafte Gewächse, Schluchten, aufbrechende Geschwüre oder auch die Fingerkuppen des Künstlers sein, die diese geheimnisvollen Körper geformt haben.Eine Erinnerung an das schon verloren geglaubte Menschenbild taucht hier auf Nebenwegen und Schleichpfaden auf.Bei Trak Wendisch entsteht aus dem Nonfigurativen wieder Figürliches.

Galerie Tammen & Busch, Fidicinstraße 40, bis 6.12.; Dienstag bis Freitag 13-18 Uhr, Sonnabend 11-14 Uhr, Sonntag 15-18 Uhr.

KLAUS HAMMER

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