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Kultur: Wir wollen reden

Ein Symposium über „Kunst und Krise“ – und den neuen Ernst des Dialogs

„Zugang nur mit Einkommen unter 1000 Euro brutto“, befahl eine Schrifttafel am linken Eingang, rechts im Saal sollte Platz nehmen, wer über mehr verfügt. Ein passender Einstieg für das Symposium „Kunst und Krise“, zu dem das Instituto Cervantes und das Goethe-Institut im Rahmen der IV. Deutsch-Spanischen Kulturbegegnung geladen hatten. Doch die Trennwand, mit der Santiago Sierra die Kunstwelt bereits zum Auftakt in der Akademie der Künste spaltete, wurde vom Auditorium nicht besonders ernst genommen. Die Provokation blieb aus.

Auch aufseiten der renommierten Podiumsteilnehmer reduzierte man sich weitgehend auf das Vortragen vorbereiteter Statements. Die waren durchaus interessant, doch bei heiklen Fragen – soll man Galerien mit öffentlichen Mitteln fördern, wie es zum Teil in Spanien der Fall war? Dürfen Kritiker und Künstler enge Freundschaften pflegen? – fehlte eine Zuspitzung. Auch das Publikum blieb etwas außen vor. Obwohl es jede Menge Gesprächsbedarf gab. Als die Kritikerin Uta M. Reindl als Moderatorin dann Fragen aus dem Auditorium mit dem Argument abbügelte, dass sei nun „zu komplex“, waren einige der Anwesenden doch aufgebracht. Hatten doch Reindls Kolleginnen genau jene komplexe Betrachtung eingefordert, als es am Tag zuvor um die Rezeption von Kunst und die Rolle der Medien ging.

Aus deutscher Sicht begrüßte Isabelle Graw das Ende eines Booms, der die Kunst in jüngerer Vergangenheit auf den Glamour-Faktor und auf Hitlisten reduziert habe. „Speziell Galeristen, die mit der Lifestyle-Presse zusammengearbeitet haben, klopfen jetzt bei meiner Zeitschrift an und wollen über Inhalte reden!“, so die Herausgeberin des Magazins „Texte zur Kunst“ – und über Anzeigen wohl auch, möchte man hinzufügen.

Denn dass die Krise an ökonomischen Grundfesten rüttelt, machte Alicia Murría von der spanischen Zeitschrift „Artecontexto“ deutlich: „Die Wahrnehmung von Kunst hat sich nicht verändert, sondern die Arbeitsbedingungen haben sich für alle Beteiligten verschlechtert.“ An eine „reinigende Wirkung“ mag Murría nicht glauben. Vielleicht weil die aktuelle Krise in Spanien drängender ist. Da muten die hiesigen Debatten fast wie Luxusprobleme an.

Die Kunst der gemeinsamen Debatte sollte allemal weiter praktiziert werden. Etwas weniger geballtes Wissen und mehr konkreter Austausch wären wünschenswert – nicht nur in Krisenzeiten. mino

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