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Kultur: WM-Senderechte: In der Verlängerung

Vor ziemlich genau einem Jahr war Erich Ribbeck noch Teamchef, Christoph Daum ein Startrainer und Rudi Völler nicht viel mehr als ein alternder Ex-Fußballer auf der Tribüne. Heute ist er Teamchef, Herr Ribbeck ein rüstiger Rentner und Christoph Daum traut sich in Deutschland momentan noch nicht mal mehr auf die Tribüne eines Stadions.

Vor ziemlich genau einem Jahr war Erich Ribbeck noch Teamchef, Christoph Daum ein Startrainer und Rudi Völler nicht viel mehr als ein alternder Ex-Fußballer auf der Tribüne. Heute ist er Teamchef, Herr Ribbeck ein rüstiger Rentner und Christoph Daum traut sich in Deutschland momentan noch nicht mal mehr auf die Tribüne eines Stadions. Eines ist gelieben: ARD und ZDF verhandeln mit der Kirch-Gruppe um die Senderechte für die Fußball-Weltmeisterschaft 2002.

An der Situation hat sich auch nach einem Verhandlungsjahr nicht viel verändert. Nachdem die beiden Vertragspartner vor einem Monat bereits handelseins waren, haben nun die ARD-Intendanten ihre Zustimmung verweigert. Die kolportierten 700 Millionen Mark, die Kirch für die WM 2002 plus eine Option für die WM 2006 wollte, sind den Landeschefs zu viel. Vor allem, weil die Option für 2006 keine Garantie dafür ist, dass die WM im eigenen Land tatsächlich bei ARD und ZDF zu sehen sein wird.

Am kommenden Mittwoch werden ZDF-Chef Dieter Stolte, der Intendant des Bayrischen Rundfunks Albert Scharf und ARD-Chef Fritz Pleitgen wieder mit Dieter Hahn, dem operativen Chef der Kirch-Gruppe, zusammentreffen. Die Öffentlich-Rechtlichen möchten vor allem den Preis drücken. Sie bieten Kirch die Pay-TV-Rechte an Sportveranstaltungen, die sie besitzen (siehe Grafik): etwa an der Fußball-EM 2004 und an den Olympischen Spielen bis inklusive 2008. Die Kirch-Gruppe wiederum hat großes Interesse an diesem Kompromiss, weil sie laut Europäischer Union und einem Abkommen mit der Fifa verpflichtet ist, die zehn wichtigsten Begegnungen einer Weltmeisterschaft inklusive der Spiele mit deutscher Beteiligung in einem frei empfangbaren Kanal zu zeigen. Zwar wäre das auch dann erfüllt, wenn die WM im Kirch-Kanal Sat 1 zu sehen ist, aber andererseits braucht der Münchner Rechtehändler dringend Geld für seinen Pay-TV-Sender Premiere - Geld, das er von Sat 1 nicht abziehen kann.

Genau deswegen glauben die Öffentlich-Rechtlichen, dass sie Kirch dazu bewegen können, mit der WM 2002 auch gleich die Heim-WM 2006 zu verscherbeln. Und genau das ist für Kirch nicht einfach: Erstens weiß er, dass er für 2006 weit mehr Geld herausholen kann als für die Vormittagsspiele bei der WM in Japan und Südkorea. Zweitens ist noch völlig offen, wie das Kirch-Imperium 2006 tatsächlich aussieht. Schafft er es, Premiere World endlich zum Erfolg zu machen, oder ist in fünf Jahren die als Zukunft des Fernsehens bezeichnete Welt des Pay-TV schon längst wieder vorbei?

Was macht er dann mit den Rechten? Und außerdem, so meint ein hochrangiger Privat-Fernsehmacher, ist "noch völlig offen, was die technische Entwicklung bis 2006 zustande bringt. Vielleicht ist es dann schon möglich, Fußballspiele im Internet zu übertragen und dann wären auch für einen Rechtehändler vollkommen andere Vorraussetzungen geschaffen." Heißt im Klartext: Kirch hätte dann in diesem Jahr etwas aus der Hand gegeben, was er in ein paar Jahren wirklich teuer hätte verkaufen können.

Dementsprechend verärgert zeigte sich die Kirch-Gruppe, als die Öffentlich-Rechtlichen Nachverhandlungen des bereits unterschriftsreifen Vertages forderten. "Wenn die das Fass aufmachen, können wir das auch", erklärt ein Kirch-Mann und meint damit, dass man auch mit anderen Sendern verhandeln werde. Bei Sat 1, wo man sich schon seit längerem darauf eingestellt hat, nur die Zweitverwertungsrechte für 2002 zu erwerben und damit spekulierte, dass aufgrund des Zeitunterschiedes zu den Spielorten in Japan und Südkorea eine tägliche WM-Zusammenfassung im Hauptabendprogramm durchaus quotenträchtig wäre, heißt es nun plötzlich, dass man "gerne über alle Formen der Zusammenarbeit verhandelt. Auch über die Erstverwertung" (Sat 1-Sprecherin Kristina Faßler). Und auch RTL-Chefredakteur Hans Mahr erklärte gegenüber dem Tagesspiegel, dass sein Sender ebenfalls "großes Interesse an den Rechten hätte." Allerdings habe noch niemand das Gespräch mit ihm gesucht.

Gut möglich also, dass die Drohung von Kirch nur ein kurzfristiges Aufbäumen gegenüber ARD und ZDF ist.

Markus Huber

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