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Kultur: Wucherungen

Von der Höhlenmalerei bis zur jüngsten Gegenwartskunst: Wände wecken Künstlerträume. Sie werden durchlöchert, fein bemalt oder grob durchstoßen.

Von der Höhlenmalerei bis zur jüngsten Gegenwartskunst: Wände wecken Künstlerträume. Sie werden durchlöchert, fein bemalt oder grob durchstoßen. In der Galerie Carlier-Gebauer sind zurzeit Wandinstallationen des in Jugoslawien geborenen Künstlers Bojan Sarcevic zu sehen (Holzmarktstraße 15–18, Bogen 51 / 52; bis 22. April). Die geschwungenen Messingstäbe, die durch Fäden zu fragmentarischen Strukturen zusammengebunden werden, wirken zart wie Windspiele. Vom Wackeln, Baumeln, Nicken, Fließen ist in den Titeln der Arbeiten die Rede. Doch Wind und Wand, das geht nicht zusammen. Die Wand stützt die fragilen Gebilde, die Formen der Moderne zitieren, lässt sie erst entstehen. Und gleichzeitig verhindert ihr Schutz, dass die Geflechte ihrem Namen ganz gerecht werden könnten (Preise zwischen 7000 und 11 000 Euro).

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Die Künstlerin Nadja Schöllhammer lässt in den Räumen der Galerie Laura Mars Grp. mit ihrer Installation „Aussaugen“ die Wand einfach zuwuchern (Sorauerstraße 3; bis 28. April). Tentakelartige Scherenschnitte, angekokeltes Papier-Efeu und ausgeschnittene Zeichnungen metastasieren in mehreren Schichten. Hinter dem Papiergestrüpp verstecken sich wundersame und schreckliche Dinge, halb Alice im Wunderland, halb grausamste Realität. Da führen drei Jungen klumpige Menschen an Leinen spazieren, dringen deformierte Körper in andere ein. Schöllhammer malt den Teufel an die Wand und lässt dabei eine unheile Natur entstehen, die jede Wand vergessen lässt (Preis ca. 15 000 Euro).

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Die Arbeiten von Tine Benz breiten sich in der Galerie Jette Rudolph sogar raumübergreifend aus (Zimmerstraße 90–91; bis 6. Mai). Die zentrale Installation „From here to Galaxy II“ windet sich auf einer Papierbahn vom Flur um die Ecke in den Ausstellungsraum. Selbst auf den Wänden eines zweiten Raums sind noch Ausläufer zu finden. Dass sich Benz vor weißen Wänden fürchtet wie andere vor bemalten Mauern, macht neben dem Ausstellungstitel „Blank Walls Are Criminal“ auch die wohlgeordnete Fülle deutlich: Die Baselitz-Schülerin collagiert Skylines, Flugzeuge, Schrift, Straßen und Werbung zu einer dynamischen Megapolis. Dabei überfrachtet die den Raum nie, sondern löst konkrete Details in silberglänzende Strukturen und Bewegungen auf. So schafft sie etwa durch Klebeband auf Wand und Boden eine Autobahn, die in diese Stadt hineinzuführen scheint. Diese aufsaugende Perspektive wirkt wie ein visueller Wanddurchbruch. Hinter dieser Wand liegen andere Wände. Wände machen Häuser, Häuser bilden Städte, Städte unsere Welt (Preis auf Anfrage).

Daniel Völzke

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