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Kultur: Wunderheiler

Robert De Niro im Mystery-Thriller „Red Lights“.

Wenn es übersinnlich wird, beginnt es zu scheppern und zu wackeln, da unterscheidet sich das Kino nicht sehr vom Tischerücken. Der spanische Regisseur Rodrigo Cortés entfacht in „Red Lights“ heftigen Budenzauber, immer wenn Robert De Niro einen Auftritt hat. De Niro spielt den blinden Magier Silver, der einst auf dem Höhepunkt seines Ruhms von der Bühne abgetreten war, nachdem sein größter Kritiker unter mysteriösen Umständen bei einer Show gestorben war. Nun, mehr als dreißig Jahre später, feiert Silver ein Comeback. Er kann Löffel verbiegen, telepathisch IT-Systeme ausfallen und jesusgleich Kranke gesunden lassen: „Du bist geheilt, geh in Frieden.“

Allerdings sitzen dem Wundertäter zwei Wissenschaftler im Nacken, die ihn als Scharlatan entlarven wollen. Dr. Matheson (Sigourney Weaver) hat den Glauben an alles Metaphysische verloren, seit ihr Sohn im Wachkoma liegt. Rationalismus ist ihre Ersatzreligion. In drei Jahrzehnten Berufspraxis, sagt sie, sei ihr nie das Wunder begegnet, das ihr immer wieder versprochen wurde. Sie steht fürs Philosophische, ihr Assistent Tom (Cillian Murphy) für Pragmatismus. Er bastelt Apparaturen zusammen, mit denen sich Funkfrequenzen aufstöbern lassen, denen vermeintliche Wahrsager ihre Erkenntnisse verdanken. Außerdem beherrscht er sämtliche Kartentricks: „Je simpler, desto besser, das ist die Kunst.“

Cortés war mit dem billig produzierten Horrorthriller „Buried – Lebendig begraben“ ein internationaler Überraschungserfolg gelungen. Auch „Red Lights“ folgt zunächst einer ökonomischen Dramaturgie, der Film beginnt als geradlinig erzähltes Desillusionierungsdrama und entwickelt sich zum Duell zwischen Wissenschaft und Esoterik. Doch als Dr. Matheson unvermittelt stirbt, gerät der Thriller aus der Balance. Konsequent fällt er den Geistern zum Opfer, die er rief.

„Red Lights“, das sind Menschen, die in der Menge auffallen. Weil sie anders sind, besonders, eindringen können in eine Welt jenseits der Wirklichkeit. So endet der Krimi als matter Mystery-Aufguss. Wie lange ist es jetzt eigentlich her, dass Robert De Niro in einem guten Film zu sehen war? Christian Schröder

In sieben Berliner Kinozentren

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