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 Frans Brüggen mit Noten von Mendelssohns "Sommernachtstraum", im Jahr 2000 bei der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen..

© dpa

Zum Tod von Frans Brüggen: Popstar der Blockflöte

Frans Brüggen war einer der Pioniere der Alten Musik und hat die Blockflöte wieder konzerttauglich gemacht: Letzte Woche ist der Dirigent und Musiker mit 79 Jahre in Amsterdam gestorben.

Das Stichwort Blockflöte verbinden die meisten Menschen mit unangenehmen Assoziationen. Trötende, piepsende, prustende Kinder im ersten Musikschulunterricht, Laienensembles, ein Amateurinstrument halt. Frans Brüggen hat das geändert: Der niederländische Pionier der Alten-Musik-Szene wurde in frühen Jahren ein Popstar, ja ein Guru der Blockflöte, hat als erster mit dem verpönten Instrument ein Hochschuldiplom erlangt. Vor allem hat er die Blockflöte wieder konzerttauglich gemacht, sie von ihrem Ruf als minderwertiges Blasinstrument befreit.

Sein Markenzeichen war anfangs seine eigentlich „unmögliche“ Spielhaltung: krummer Rücken,übereinandergeschlagene Beinen - ein Bläser kann so eigentlich nicht atmen. Aber Brüggen entlockte der Blockflöte auf diese merkwürdige Art ungeahnte Töne: virtuos, voluminös, energisch, übermütig, fast aggressiv. Von wegen leise, von wegen piepsig. Seine Einspielungen von Renaissance- und Barockwerken, von Kompositionen Jacob van Eycks, Bachs, Corellis, Telemanns haben Schule gemacht.

Aber damit nicht genug. Brüggen, am 30. Oktober 1934 geboren, stammte aus einer kinderreichen musikalischen Familie (neun Kinder: genug für Bachs Brandenburgische Konzerte) und gründete in den Siebzigerjahren das Kammerensemble Sour Cream und rief 1981 das Orchestra of the 18. Century ins Leben. Es wurde bald zu einem führenden Ensembles für Alte Musik. Der Karriere als berühmtester Blockflötist der Welt folgte eine Laufbahn als Dirigent; Brüggen trat unter anderem auch mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment auf. Wie seinen Mitstreitern Nikolaus Harnoncourt, Gustav Leonhardt und Anner Bylsma gefiel ihm die "moderne"" Orchesterspielweise von Haydn, Mozart, Beethoven oder Mendelssohn nicht. Weniger Vibrato, weniger Kulinarik, mehr Rauheit, mehr Originalinstrumente, so revolutionierten sie die Rezeption des symphonischen Repertoires. Längst ist die historische Aufführungspraxis auch den großen konventionellen Orchestern kein Fremdwort mehr. Wobei Brüggen der sanfteste unter den Pionieren war, am Dirigentenpult wurde die Leichtigkeit sein Markenzeichen.

Frans Brüggen war ein Arbeitstier, ein genuss- und lebensfroher Mensch, sagen die, die ihn kannten. Schon mit 21 war er Professor in Den Haag, lehrte in Amsterdam, Harvard und Berkeley, studierte unermüdlich die Originalquellen – und spielte in seiner Frühzeit auf der Flöte keineswegs nur Alte Musik. Etliche zeitgenössische Komponisten hat er zu Werken für die Blockflöte angeregt. Am vergangenen Mittwoch ist der Blockflötist und Dirigent Frans Brüggen in Amsterdam nach langer Krankheit gestorben. Er wurde 79 Jahre alt.

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