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Kultur: Zum Tode des Sängers Joe Williams

Die menschliche Stimme gehörte nicht immer zu den Hauptinstrumenten des Jazz.Daß sie es über die vierziger und fünfziger Jahre werden konnte, war nicht zuletzt das Verdienst von Joe Williams.

Die menschliche Stimme gehörte nicht immer zu den Hauptinstrumenten des Jazz.Daß sie es über die vierziger und fünfziger Jahre werden konnte, war nicht zuletzt das Verdienst von Joe Williams.Mit dem am 30.März verstorbenen Sänger verliert der Jazz eine seiner letzten Figuren, die die Aura des Ursprungs in die Gegenwart getragen haben.Am 12.Dezember 1918 in einem kleinen Dorf in Georgia geboren, kam Joseph Goreed Williams zunächst mit dem Blues seiner Wahlheimat Chicago in Verbindung.Nachdem er in einigen lokalen Bands Erfolge hatte feiern können, wurde er bereits mit 23 Jahren von Coleman Hawkins engagiert.

Sowohl sein ausgeprägter Sinn für die Rhythmik und Dynamik des Blues als auch seine spirituelle Verwurzelung in dieser Musik, die er ohne Reibungsverlust in den Swing einzubringen verstand, machten ihn zum begehrten Shouter in einer Reihe von Big Bands, die von Lionel Hampton bis Count Basie reichte.Mit seiner voluminösen Stimme, die jedoch immer eine Form von Leichtigkeit bewahrte, gelang es ihm mühelos, gegen die kompakten Bläsersätze der ihn begleitenden Orchester anzusingen.Kein Geringerer als Duke Ellington sagte ihm nach: "Er imitierte nicht etwa andere Sänger, sondern gab dem Blues mit seinem wundervollen Textverständnis und seinem intelligenten Vortrag eine neue Dimension." Wiewohl er sich bestens im Jazz-Standard-Repertoire auskannte und auch einen Ruf als Balladen-Sänger von Format erworben hatte, waren es immer wieder Blues-Nummern, die ihm große Hits einbrachten, wie 1951 "Every Day I Have The Blues" aus der Feder von Memphis Slim.Es war seine physische Präsenz, die Joe Williams stets zum Naturereignis, zu einem Gebirgsmassiv aus Stimme machte.

Anfang der sechziger Jahren wagte er es endlich, sich aus dem Umfeld von Count Basie zu lösen und auf eigene Beine zu stellen.Wenig später versuchte er, auch im Pop Fuß zu fassen und verlor an Boden, den er nie wieder gutmachen konnte.Er blieb zwar bis ans Ende seines Lebens ein gefragter Festival-Act und Gast großer Big Bands, wurde zum Ehrendoktor mehrerer Colleges und konnte mit Cannonball Adderley oder George Shearing noch ein paar Achtungserfolge einsingen, doch seine Zeit war nun einmal vorbei.1994 besann sich der Mittsiebziger auf seine Wurzeln und kehrte mit dem Album "Feel The Spirit" zur läuternden Kraft des Spirituals zurück, von der einstigen Vitalität aber war nur noch ein blasser Schimmer übrig.Die Lücke, die Joe Williams nun hinterläßt, hatte er selbst schon zu Lebzeiten gerissen.

WOLF KAMPMANN

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