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Kultur: ZURÜCK - MUSICAL

Die Glatze, die Yul Brunner trug, war echt.Faszinierend fremd wirkte sie in der Verfilmung von "Der König und ich", in ihrer nackten Radikalität Zeichen von der Brutalität des Barbaren wie für Brunners erotische Anziehungskraft.

Die Glatze, die Yul Brunner trug, war echt.Faszinierend fremd wirkte sie in der Verfilmung von "Der König und ich", in ihrer nackten Radikalität Zeichen von der Brutalität des Barbaren wie für Brunners erotische Anziehungskraft.Die Glatze, die Alfons Haider in der Tourneeversion des Rogers-und-Hammerstein-Musicals trägt, ist falsch.Eine fleischfarbene Plastikbadekappe, die in ihrer bläßlichen Tönung seltsam vom gebräunten Restkörper des Bühnensiamesenkönigs absticht.Dieser König ist zwar offenbar fleißig ins Sportstudio gegangen, um sich die notwendige Brustmuskulatur für den Casting-Erfolg anzutrainieren, doch mit Erotik hat das nichts zu tun.Dazu ist er auch viel zu eitel, ständig darauf bedacht, die ganze Deutsche Oper am Ergebnis des Fitnesstrainings teilhaben zu lassen, wechselt aber ansonsten nur affektiert zwischen barbarisch gemeintem Gebrüll und tuntigem Gesäusel.Immerhin kann man verstehen, warum er sich nicht sonderlich für die englische Gouvernante an seinem Hof interessiert.Denn diese Anna (Jessica Blume) ist eine Ziege im Sisi-Kostüm, deren Dauergekeife schnell nervt.Beide bleiben Abziehbilder, die diese Geschichte von der komplizierten Annäherung zweier entgegengesetzter Menschen in keinem Moment umsetzen können.Und dabei hätte es eines charismatischen Titelpaars bedurft, um die musikalisch wie szenisch dürftige Produktion vergessen zu machen.Vor einem Pappmaché-Tempelchen zeigen drei Damen aus Fernost, daß sie einmal ein Video über Tempeltänzerinnen geschaut haben, fürs Dalai-Lama-Flair laufen Technoglatzköpfe in Orange über die Bühne.Das Durchblättern der Hörzu ist mindestens doppelt so spannend.

JÖRG KÖNIGSDORF

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