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Kultur: ZURÜCK - Punk

Die Etablierung des Punk als multi-millionenschweres Geschäft ist ein Phänomen der 90er, mit dem so richtig niemand gerechnet hat.Amerikanische Bands holen die Tumulte der englischen Vorbilder nun in großem Stil nach und zeigen vor allem, daß man nicht als biersaufendes Schreckgespenst das Establishment unter Druck setzen muß und trotzdem die süßen Freuden der Rebellion genießen kann.

Die Etablierung des Punk als multi-millionenschweres Geschäft ist ein Phänomen der 90er, mit dem so richtig niemand gerechnet hat.Amerikanische Bands holen die Tumulte der englischen Vorbilder nun in großem Stil nach und zeigen vor allem, daß man nicht als biersaufendes Schreckgespenst das Establishment unter Druck setzen muß und trotzdem die süßen Freuden der Rebellion genießen kann.The Offspring versetzen in der restlos ausverkauften Columbia-Halle die Menge in einen kontrollierten Aufruhr, der in diesem Ausmaß nicht alltäglich ist.Ein paar hundert Menschen vor der Bühne Pogo tanzen zu sehen, die sich dem durchgetretenen Gaspedal der Gitarren hingeben - da frägt sich der distanzierte Beobachter: was haben diese Menschen gebunkert, um sich so davon zu befreien? Ekstase als normale Freizeitbeschäftigung? Zeitweilig treiben ein dutzend Körper über den ausgereckten Armen.Die Stimmung ist nicht aggressiv.Offspring machen politisch absolut korrekten Punk, hassen die "Backstreet Boys" und die "Spice Girls", kümmern sich um den lokalen Bezug und geben den Berliner Wüterichen von "Skillshot" über eine Radio-Fritz-Aktion Gelegenheit zu spielen.Die fröhlichen "Heidroosjes" aus Holland vervollständigen das Vorprogram und erinnern daran, daß eineinhalb Flugstunden entfernt im Kosovo und in Bosnien die westliche Zivilisation endet.Punk ist längst unersetzlich geworden.Aristoteles hätte seine Freude: die Reinigung der Affekte bleibt ein Bedürfnis, auch wenn das Theater diese Lust mittlerweile vergessen hat.

REINER SCHWEEINFURTH

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