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Lokales Schwergewicht der Kunstszene. Der Stand von Rodolphe Janssen auf der Brafa.

© Rodolphe Janssen / Brafa

Kunst- und Antiquitätenmesse Brafa: Reiz der Klarheit

Mit kluger Beschränkung behauptet Brüssels Kunst- und Antiquitätenmesse Brafa ihre Qualität und brauch die Konkurrenz aus München, New York oder London nicht zu fürchten.

Die Not treibt die Kunsthändler auf die Messen – zumindest manche der französischen Kollegen. Mathieu Sismann, Spezialist für Skulpturen, erzählt, dass es dem Kunstmarkt seit den Anschlägen in Paris nicht gut gehe. Daher nehme er nun zum ersten Mal seit 2009 wieder an der Brafa in Brüssel teil. Wie viele seiner jüngeren Kollegen bemüht er sich dabei um eine zeitgenössischere Präsentation, als man es von deutschen Messen oder der Tefaf gewohnt ist. In einer deckenhohen Regalkonstruktion, die Museumsstandards genügen würde, zeigt er 20 Köpfe unterschiedlicher europäischer Epochen zu Preisen zwischen 7000 und 40 000 Euro. „Ich versuche europäische Kunst so zu präsentieren, wie das normalerweise mit außereuropäischer Kunst gemacht wird“, erklärt er. So will er die alte Kunst aus ihrem leicht staubigen Elfenbeinturm holen und neu kontextualisieren.

Der traditionelle belgische Galerist Jan Muller muss das gar nicht. Er stammt aus einer alteingesessenen Genter Kunsthändlerfamilie. Seinen großen Stand hat er traditionell eingerichtet: viele alte Meister, ein paar Mittelalter- und Barockskulpturen, dazu Werke aus dem 19. Jahrhundert. Dem Umsatz schadet das nicht. Zwar sei das Publikum eher regional, aber die wichtigen Sammler, vor allem aus Belgien, den Niederlanden und dem grenznahen Deutschland, kämen alle. Seit 15 Jahren nehme er an der Messe teil, das schaffe Vertrauen. Da wird etwas Wahres dran sein. Kurz vor dem Gespräch hatte ein einheimischer Sammler aus einer der wohlhabendsten Familien des Landes den Stand verlassen. Auf der Visitenkarte, die der Händler noch in Händen hält, ist handschriftlich ein mittlerer fünfstelliger Betrag vermerkt.

Zu den traditionellen Schwerpunkten gehören außereuropäische Kunst und Antiken

Kontext und Beschränkung – das ist das Erfolgsrezept der Brafa. Die Händlerorganisation Foire des Antiquaires de Belgique bemüht sich um ein ausgewogenes Verhältnis der Sparten unter den 132 Händlern. Das mittlerweile eher berüchtigte cross over findet nicht mehr in Gemeinschaftsständen statt. Eine Wunderkammer wie die Koje von Finch & Co. aus London ist eh schon divers genug. Als eye catcher fungiert ein Satz kleiner Gemälde aus dem 19. Jahrhundert. Was zunächst wie Porträts von Planeten oder Monden aussieht, entpuppt sich als Blick durch ein Ophtalmoskop auf Augenkrankheiten (39 000 Euro).

Das Angebot der knapp 18 Sparten ist austariert. Schmuck wird sparsam eingestreut, anders als auf der Biennale des Antiquaires in Paris oder der Tefaf in Maastricht. Möbel jenseits des Art déco scheinen unterrepräsentiert, die Malerei des 20. Jahrhunderts wirkt dagegen etwas zu präsent. Zu den traditionellen Schwerpunkten gehören außereuropäische Kunst und Antiken, die anderswo kaum in dieser Konzentration zu sehen sind.

Vasen von Gerd und Uwe Tobias, bei ihrem Brafa-Debüt

Wie von vielen befürchtet zeigt das deutsche Kulturgutschutzgesetz zumindest in einigen Sparten eine Wirkung, die so gewiss nicht beabsichtigt war. Die Antikenhändlerin Antonia Eberwein, die ihrer Mutter Roswitha nachfolgt, erklärt ganz offen, dass sie ihr Geschäft komplett nach Paris verlegt habe. Sie zeigt auf ihren Stand: „Sehen Sie sich hier um: Das sind rund 200 Objekte. Wenn ich für jedes davon eine Ausfuhrgenehmigung und auch noch eine Einfuhrbescheinigung brauche, dann muss ich gar nicht erst anfangen.“ Auf diese Art profitieren nun Teile des Kunsthandels in den Nachbarländern vom deutschen Gesetzgeber.

Statements. Der Frankfurter Designhändler Frank Landau und die Galerie Dierk Dierking aus Zürich kooperieren, um Kunst mit Vintage-Möbeln zu kombinieren.

© Emmanuel Crooy

Die Zeitgenossen-Abteilung ist seit Langem ausbaufähig. Trotz einer Beschränkung auf zehn Aussteller war die Qualität bisher eher bescheiden. Dieses Jahr ist es gelungen, mit Rodolphe Janssen nach Meessen de Clercq und Baronian ein weiteres lokales Schwergewicht zu gewinnen. Eigens zu seinem Brafa-Debüt haben Gerd und Uwe Tobias einen Satz Vasen entworfen und mit Zeichnungen von Figuren aus ihrem grotesken Fabelkosmos versehen. Mit Preisen zwischen 2500 und 3500 Euro sind die Einzelstücke ausgesprochen preiswert.

Jo An Fermon ist mit der Londoner Galerie Whitford seit 2009 dabei. Sie profitiert von doppeltem Lokalpatriotismus. Sie selbst stammt aus Flamen und hat daher in Brüssel einen Heimvorteil. Andererseits seien sowohl die belgischen wie die niederländischen Sammler dankbar, dass sich jemand auf internationaler Ebene um Künstler wie den Mitbegründer des Informel, Bram Bogart, kümmere, den beide Nationen für sich beanspruchen. Seine pastosen Leinwände aus den frühen sechziger Jahren kosten am Stand zwischen 36 000 und 80 000 Euro.

Historische Comics dürfen bei der belgischen Messe nicht fehlen

Comics gelten in Belgien seit Langem als Kunst, und spätestens seit der Millionenzuschläge für originale Zeichnungen von „Tim und Struppi“ zeichnet sich auch diesseits des Rheins eine Wertschätzung für die Preziosen ab. Die Brüsseler Galerie Huberty Breyne ist seit Jahren regelmäßiger Aussteller der Brafa. Historische Comics, Einzelseiten und Gelegenheitszeichnungen werden hier jedoch nur noch nebenbei in einer kleinen Vitrine präsentiert. Den Großteil des Angebots machen aktuelle Papierarbeiten und Gemälde franko-belgischer Zeichner aus, die als eigenständige bildmäßige Arbeiten gelten wollen und entsprechend viel kosten. Eine größere Arbeit von Enki Bilal, die der Pionier des Erwachsenen-Comics 2012 gezeichnet hat, wird für immerhin 150 000 Euro angeboten.

Derart breit aufgestellt und in ihrer Region verwurzelt kann die Brafa den Kabalen ihrer Wettbewerber von München über Paris und London bis New York gelassen zusehen. Wer sich für Kunst und Antiquitäten interessiert, mit denen man leben kann und möchte, wird irgendwann den Weg nach Brüssel finden.

Brafa, Tour & Taxis, Avenue du Port 86 C, Brüssel, bis 29. Januar www.brafa.art

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