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Leuchtfeuer. Ian Hamilton Finlays Gruß an den Revolutionär Marat.

© Galerie Kewenig

Kunststücke: Ian Hamilton Finlay: Klingende Seelen

Er war Künstler, Poet und Gartenarchitekt. Christiane Meixner bewundert in der Galerie Kewenig Ian Hamilton Finlays Sinn für Schönheit.

Es fällt schwer, bei Ian Hamilton Finlay nicht an die Guillotine zu denken. Seit der schottische Künstler 1987 das gnadenlose Gerät auf der Documenta in Kassel installierte, verknüpft sich sein Name mit einem Bild: Kassels Auepark, die gewellten Hügel und Finlays Reihe bronzener Guillotinen, die sich drohend in den Himmel erheben. Der vor genau zehn Jahren verstorbene Künstler hat seitdem eins gemeinsam mit einem essentiellen Thema seines Werks: Hört man seinen Namen, assoziiert man wie bei Robespierre, Marat oder Danton unweigerlich Terror und Tod.

Dabei umspannen seine Arbeiten mehr als die französische Revolution, in der die Henker zeitweise im Akkord tätig waren. Finlays Bedürfnis nach Schönheit, Ebenmaß und klassischer Perfektion wird in der Galerie Kewenig (Brüderstr. 10, bis 15. 1.) augenfällig. Die Kunst verschmilzt mit dem barocken Gebäude, in dem jedes Detail aufwendig saniert und ästhetisch durchgestaltet ist. Dass die Nachbildung eines antiken Säulenkapitells von Finlay nicht schon immer im Treppenhaus gestanden hat, fällt erst beim zweiten Blick auf. Der Künstler und die Galerie: Ein Team, das fast dreißig Jahre gemeinsam am Werk war. Dieser Gleichklang der Seelen ist der Ausstellung „Et in Arcadia ego“ anzusehen.

Die Freiheit in diktatorischer Gestalt

Als Finlay-Experte führte Kurator Felix Zdenek kürzlich durch die Schau – vorbei an Grafiken, Skulpturen und Installationen aus diversen Jahrzehnten bis unter das Dach, in das als Reminiszenz an den Künstler zwei goldene Dachschindeln eingesetzt sind. Während Zdenek im Erdgeschoss von den letzten Jahren des Künstlers erzählte, der sich im Alter immer mehr auf sein Anwesen im schottischen Hochmoor zurückzog, sodass ihn am Ende in der Einöde selbst die Ehefrau verließ, formiert sich ein Bild: Finlay, der Künstler, Poet und Gartenarchitekt, wie er die Kulturgeschichte auf der Suche nach ihren Blütezeiten lesend durchstreift. Der aber gleichzeitig an jenen dunklen Kapiteln verzweifelt, wie sie Frankreich in der späteren Phase der Revolution von 1789 verkörpert: Die Freiheit in diktatorischer Gestalt.

Finlays Einsicht in die Unvorhersehbarkeit solcher Prozesse spiegelt sich überall in seiner Kunst. Besser als „Aphrodite de la Terreur“ (1987) formuliert sie kaum eine Skulptur: Der Abguss einer nackten Statue mit einem feinen, roten Strich am Hals. Hier der göttliche Olymp – dort der Gruß der Guillotine.

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