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Wedding: Wir bauen uns ein Baumhaus

In Wedding soll ein kreativer Nachbarschaftstreff entstehen, der wie ein Baumhaus aussieht und sich auch so anfühlen soll. Die Initiatoren sammeln dafür Geld im Internet.

Wenn die Leute davon reden, die Welt zu verändern, klingt das meistens ziemlich anstrengend. Es klingt nach harter Arbeit, nach teuren Bio-Produkten, nach langen Protestmärschen, nach Verzicht und Kampf – mit sich selbst und gegen den Rest der Welt. Ganz anders bei der Politikstudentin Karen Wohlert: „Die Welt zu verändern, soll Spaß machen“, sagt die 27-Jährige. Sie und ihr Mitbewohner Scott Bolden, 44, wollen in Wedding, gleich gegenüber dem ehemaligen Stadtbad, ein „Baumhaus“ bauen: ein Rückzugsort für die Nachbarschaft und eine Kreativwerkstatt in einem. Zahlreiche Künstler, Architekten, Designer und Freiwillige aus der Nachbarschaft haben den beiden bereits ihre Hilfe angeboten. Ein Baumhaus baut man schließlich gemeinsam.

Die Idee begann zu reifen, schon wenige Monate nachdem die Deutsche und der US-Amerikaner in das ehemalige Lebenshaus Mitte in der Gerichtstraße 23 eingezogen waren. Sie fühlten sich von Anfang an wohl in der Gegend, die das Quartiersmanagement Pankstraße als „besonders jung, international und arm“ charakterisiert. Bolden schwärmt von der „lockeren Atmosphäre“ und wippt dabei mit den Knien, als würde er die Straße gerade entlangschlendern. Nur eines hätten sie immer vermisst: einen Ort, an dem sich die ganze Nachbarschaft trifft.

Durch Zufall entdeckte Bolden das Künstleratelier im Erdgeschoss. Und da war diese Säule in der Mitte, diese riesige Säule, die den Ingenieur aus New York vor Begeisterung die Arme hochreißen lässt. Wie gemacht für ein Baumhaus!

Wenn es nach Wohlert und Bolden geht, sollen hier bald schon Kunst- und Kulturveranstaltungen stattfinden, gemeinnützige Projekte ihren Ausgang finden und Pläne für eine nachhaltige Zukunft geschmiedet werden. Wohlert träumt von einer „Plattform für Weltverbesserer – im wahrsten Sinne des Wortes“. So ein Ort, dachten sich die Macher, müsste auf eine besondere und symbolische Weise gebaut sein.

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Die große tragende Säule in der Mitte des 140 Quadratmeter großen Raumes soll den „Stamm“ des Baumhauses bilden, das sich die Macher als einen inspirierenden, fantasievollen öffentlichen Ort vorstellen. „Irgendetwas zwischen Avatar und Herr der Ringe“, schwebt Bolden vor. Gemütlich soll es sein, ein Treffpunkt für die Nachbarschaft, zum „Spielen, Träumen, Erfinden“. Lokale Künstler sollen mit internationalen Künstlern bauen. Der Ingenieur und Designer Bolden hat Skizzen und eine 3-D-Computersimulation erstellt, doch die Details und das Material könnten am Ende auch ganz anders aussehen, sagt er. Die beiden Initiatoren wissen, dass es ein Experiment mit offenem Ausgang ist. Nur das Glas, so viel steht schon fest, wird vom New Yorker Künstler Isaac Abrams gestaltet, von dem Bolden sagt, er sei der „Meister der psychedelischen Kunst“. Er soll Fenster und Installationen gestalten, die er Mitte November vor Ort schon mal vorstellen will.

In den vergangenen 20 Monaten haben sich Wohlert und Bolden mit der Berliner Bauverordnung vertraut gemacht, mit Behörden, dem Hausbesitzer und den Nachbarn gesprochen und überall Unterstützer für ihr Projekt gefunden. Noch in diesem Jahr sollen die Bauarbeiten beginnen, die Baumhaus-Eröffnung ist für Mai 2013 geplant.

Die Finanzierung sieht derzeit allerdings noch wackelig aus. Die Initiatoren setzten auf die Unterstützung vieler: Das Startkapital von 33 000 Euro wollen sie durch Crowdfunding zusammenbekommen. Auf der Spendenplattform startnext.de kann man direkt spenden, von fünf bis 5000 Euro (www.startnext.de/baumhaus). Bislang sind allerdings erst knapp 1400 Euro zusammengekommen. Wohlert und Bolden wollen in jedem Fall weitermachen und prüfen andere Finanzierungswege. Gut ein Monat bleibt den Machern noch, um die Berliner von ihrem Projekt zu überzeugen.

Einen prominenten Fan zumindest haben sie schon gefunden. Adrienne Goehler, frühere Kultursenatorin und Mitbegründerin der Grünen, lobte die Initiative auf Facebook als „das richtige Projekt zur richtigen Zeit“. Tatsächlich ist der Wandel in Wedding unübersehbar. Der ehemalige Schmuddelkiez mausert sich zu einem kreativen Zentrum, was sich kürzlich auch auf dem Kulturfestival Wedding zeigte. Rund 30 Galerien und Künstlerateliers stellten sich an diesem Tag vor.

Mit der Aufbruchstimmung kommt auch die Angst vor Verdrängung. Baumhaus-Erfinder Bolden weiß, wie es oft läuft, er kennt das aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn und aus Friedrichshain, wo er vorher gewohnt hat. „Wir können den Prozess nicht aufhalten“, sagt er. „Doch wir können die Bedingungen verändern.“

Am Montag, den 22. Oktober findet um 19 Uhr der erste "Baumhaus Salon" im Fluxbau des Radiosenders FluxFM (Pfuelstr. 5, 10997 Berlin, zweiter Hofeingang) statt. Dort stellen die Initiatoren ihr Projekt noch einmal vor und wollen mit Unterstützern und interessierten Bürgern diskutieren. Auf dem Podium sitzen dann auch Adrienne Goehler, Kristien Ring, Daniel Dahm, Ela Kagel und der Künstler Isaac Abrams.

Alle Neuigkeiten zum Projekt, und wie Sie helfen können, erfahren Sie auf der Webseite www.baumhausberlin.de oder über Facebook.

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