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Farbwechsel. Nachdem die Baugerüste gefallen waren, zeigte sich im letzten Jahr, dass die Neubauten auf der alten Truman Plaza hellgrau statt elfenbein- oder sandfarben sind. Fand jedenfalls der Bezirk und zoffte sich mit dem Investor. Der sagt jetzt: "Wir wollen Frieden."

© Cay Dobberke

Truman Plaza in Zehlendorf: Fassadenstreit spitzt sich zu: Bezirk prüft juristische Schritte gegen Investor Stofanel

Grau statt Elfenbein - der Streit um die Fassade beim wichtigsten Bauprojekt in Zehlendorf wird immer härter geführt, der Bezirk könnte den Bau der ausstehenden Luxus-Wohnungen stoppen. Gleichzeitig eröffnete das erste große Geschäft: ein Reichelt-Supermakt.

Sogar US-Präsident Barack Obama ist zur Eröffnung des neuen Edeka-Reichelt-Supermarktes auf der Truman Plaza an der Clayallee gekommen. Zur Einweihung der Filiale, die zum umstrittenen Bauprojekt "Fünf Morgen Dahlem Urban Village" in Zehlendorf gehört, kann man sich kostenlos mit einem Double des US-Präsidenten fotografieren lassen. Tatsächlich hat dieser Ort große amerikanische Tradition, denn hier wurde nicht nur das deutsch-amerikanische Volksfest veranstaltet, rund um diesen Ort war sozusagen das Kerngebiet der amerikanischen Alliierten, und einen ehemaligen amerikanischen Supermarkt gab es auch.

Doch das Haus, vor dem der gedoubelte Obama steht, ist nicht weiß wie sein Amtssitz in Washington, sondern grau - oder, wenn es nach der Interpretation des Investors Stofanel geht, "elfenbeinfarben" - so hatte man die Farbe des Gebäudes zumindest im voraus angekündigt.

Doch hier endet auch schon die schöne Geschichte um den historischen Ort. Denn der Streit um die Fassade spitzt sich nun zu. Der Bezirk und die politischen Parteien wappnen sich offenbar für eine juristische Auseinandersetzung. Im Bezirksetat wurden zweimal 85 000 Euro für Prozesskosten eingestellt, dafür wurde wiederum ein Antrag der CDU in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingebracht, der zwar in den Stadtplanungsausschuss überwiesen wurde, aber nach Informationen des Tagesspiegels eine sichere Mehrheit bekommen wird. CDU und Grünen bilden eine Zählgemeinschaft, die SPD hat bereits signalisiert, dem Antrag zustimmen zu wollen.

Darin heißt es: "Dem Bezirksamt wird empfohlen, sämtliche Verpflichtungen des Investors aus dem städtebaulichen Vertrag gegen diese und alle anderen Verpflichtungen mit allen gebotenen juristischen Mitteln durchzusetzen, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Verpflichtung des Vertrages nach einer Anmutung, die Naturstein entspricht, auch eingehalten wird." Der Antrag wird allerdings flankiert von einem zweiten, ebenfalls von der CDU formuliert, in dem dem Investor quasi auch noch der Stopp "sämtlicher Planungsarbeiten am Bebauungsplan Truman Plaza" angedroht wird.

Wörtlich heißt es in diesem Antrag: "Das Bezirksamt wird ersucht, sämtliche Planungsarbeiten am Bebauungsplan...einstweilen einzustellen und Planreifen nicht zu erklären, um die Diskussion des Stadtplanungsausschusses zur weiteren Bebauung des Geländes abzuwarten. Dabei soll insbesondere auch erörtert werden, welche Möglichkeiten im Einzelnen bestehen, baurechtliche Bindungen für den Investor zu erzielen." Das bedeutet im Klartext, dass die Bauten der noch ausstehenden Luxus-Wohnungen in Gefahr geraten könnten.

Der gedoubelte Gast aus dem "Weißen Haus" an der grauen Fassade. Die Truman Plaza bleibt umstritten, der Reichelt-Supermarkt, der gerade eröffnete, kann dafür allerdings nichts.
Der gedoubelte Gast aus dem "Weißen Haus" an der grauen Fassade. Die Truman Plaza bleibt umstritten, der Reichelt-Supermarkt, der gerade eröffnete, kann dafür allerdings nichts. Und Obama schon gar nicht...

© Nora Tschepe-Wiesinger

Die Begründung des Antrages, von Fraktionschef Torsten Hippe geschrieben, liest sich wie die Aufkündigung jeglichen Vertrauens: "Der Investor hat sich an die von ihm genährten Erwartungen zur Gestaltung des Baugrundstückes nicht nur nicht gehalten, sondern diese in ihr Gegenteil verkehrt und dadurch ein desaströses Bebauungsergebnis hervorgerufen."

Nach Informationen des Zehlendorf Blogs endete ein gemeinsam mit dem Investor vereinbarter Termin in einem Eklat. Statt gemeinsam nach einer konstruktiven Lösung zu suchen, sollen einige der Beteiligten sowohl auf Seiten des Stadtplanungsausschusses als auch des Investors wutentbrannt davongelaufen sein.

Auf Anfrage erklärte Gerrit Aschmann, Rechtsanwalt der Stofanel Investment AG, dem Tagesspiegel: "Die Stofanel Investment AG nimmt die Anträge mit Verwunderung zur Kenntnis. In der Vergangenheit wurden und auch in Zukunft werden sämtliche Verpflichtungen des städtebaulichen Vertrages eingehalten. Dies gilt gleichermaßen für sämtliche Inhalte des Bebauungsplans. Die Planungsarbeiten am Bebauungsplan sind im Übrigen abgeschlossen, dies zeigen schon die erteilten Baugenehmigungen und die ersten Eröffnungen von Läden, z.B. die heute erfolgte Eröffnung des Edeka-Marktes. Auch vor diesem Hintergrund sind die Anträge der CDU-Fraktion nicht nachvollziehbar und offensichtlich dem Umstand geschuldet, dass es unterschiedliche Geschmäcker hinsichtlich der Gestaltung der Fassade gibt."

Aschmann sagte zudem, die Fassade sei "im Übrigen von dem bedeutenden und in allen Fachkreisen sehr geschätzten Professor Wiel Arets geplant und ist bereits für einen wichtigen Wettbewerb nominiert. Das Gesamtprojekt hat außerdem die Auszeichnung als bestes Immobilienprojekt Deutschlands (Mixed Use) erhalten".

Zum Vergleich: Eine Simulation der Neubauten aus der Planungszeit zeigt wärmere Farben.
Zum Vergleich: Eine Simulation der Neubauten aus der Planungszeit zeigt wärmere Farben.

© Simulation: Promo / Stofanel

Am Donnerstag sagte Hippe dem Tagesspiegel: "Bisher haben wir nur gehört, was alles nicht geht. Was wir wollten, war eine schöne Bebauung, was wir bekommen, ist hässlich und eine Konterkarierung des Versprochenen. Der Investor ist in meinen Augen nicht mehr glaubwürdig, und deshalb sollten wir alles tun, um juristische Schritte zu prüfen und sie notfalls auch umzusetzen." SPD-Fraktionschef Norbert Buchta unterstützt mit seiner Partei Hippes Anträge, auch er sieht den "Investor in der Pflicht", warnt Hippe aber auch "vor einem persönlichen Rachefeldzug". Der SPD-Mann erinnert an die Einwände seiner Partei: "CDU und Grüne haben seinerzeit den Bebauungsplan durchgepeitscht in einer extra dafür anberaumten Sonder-BVV, obwohl die öffentliche Anhörung noch nicht beendet war. Wir haben immer gesagt, das ist zu groß und zu mächtig für Zehlendorf."

Mit dieser Kritik steht Buchta nicht allein. Die Kritiker aus dem Verein "Papageiensiedlung", dem Anwohner der nahen Bruno-Taut-Siedlung angehören, hatten ebenfalls früh gewarnt, dass die Bauten für Dahlem zu massiv seien. Außerdem könnten die Geschäfte kleinere Läden bedrohen – vor allem in der Ladenstraße im U-Bahnhof Onkel Toms Hütte, die mit neuen Konzepten "frischen Wind" verspricht.

Nach Angaben von Bernd Neuendorf, Leiter der Projektentwicklung bei Stofanel, ist der Investor nicht absichtlich vom abgesprochenen Farbton abgewichen. „Wir haben auch an nichts gespart.“ Naturstein habe sich allerdings als zu schwer für die Fassade mit großen Fenstern erwiesen. Daher habe man Werkstein mit der Bezeichnung „Elfenbein“ bestellt, den „wir auf einem Muster als leicht beige wahrgenommen haben“.

Die Eröffnung des Supermarktes hätte eigentlich ein Aufbruchsignal sein können, zumal viele Anwohner am Hüttenweg sich über die neuen Einkaufsmöglichkeiten freuen. Allerdings: Die ersten Kunden, die am Donnerstag in die Reichelt-Filiale strömen, zeigen sich verhalten gegenüber dem grauen Neubau. Die Farbe sei "schrecklich", die "klobige Kastenform des Gebäudes" passe nicht nach Dahlem, beschweren sich einige Anwohner. Ein Rentner findet den Supermarkt auch von innen "zu düster".

Freude über den neuen Supermarkt

Dennoch sei nicht alles schlecht an dem neuen Reichelt auf der Truman Plaza, auf der bereits 1950 das erste Einkaufszentrum für Angehörige der in Berlin stationierten US-Armee stand. Dem Rentner aus Schlachtensee gefällt es, dass der Supermarkt so dem Amerikanischen angepasst ist. Auf Infotafeln im Eingangsbereich können sich die Kunden über die "Luftbrücke" unter dem ehemaligen US-Präsidenten Harry S. Truman informieren und neben dem Schild mit der Aufschrift Obst und Gemüse ist ein Rosinenbomber abgebildet.

Auch die Schülerinnen und Schüler der Rudolf-Steiner- und Wilma-Rudolph-Oberschule freuen sich über den Supermarkt an der Clayallee. Ihre Schulen sind jeweils nur ein paar Gehminuten von der Truman Plaza entfernt. "Wir kommen hier jetzt bestimmt in jeder Pause hin", sagt eine Schülerin.

Die Autorin Nora Tschepe-Wiesinger ist freie Mitarbeiterin des Tagesspiegel und des Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten. Sie studiert zurzeit in Hannover.
Die Autorin Nora Tschepe-Wiesinger ist freie Mitarbeiterin des Tagesspiegel und des Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten. Sie studiert zurzeit in Hannover.

© privat

Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel.
Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel.

© Kai-Uwe Heinrich

Zu den Autoren: Armin Lehmann ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel, Nora Tschepe-Wiesinger absolviert ein Praktikum in der Berlin-Redaktion und ist Bloggerin auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin dieser Zeitung.

 

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