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Jäger mit erlegtem Wildschwein

© dpa

Jäger erschoss Pony anstatt Wildschwein: Wer schützt vor Fehlschüssen?

Aus Versehen erschoss ein Berliner Jäger nördlich von Oranienburg ein Pony, er verwechselte es mit einem Wildschwein. Doch wer darf eigentlich in Berlins Wäldern jagen – und wer passt auf?

Es war ein Berliner, der nördlich der Stadt ein Wildschwein vor seiner Flinte wähnte – und nach dem Schuss feststellte, dass er ein Islandpony erlegt hatte. Wie berichtet, kassierten die Behörden daraufhin seinen Waffenschein ein, was vom Verwaltungsgericht nun für rechtens befunden wurde. Was bleibt, ist die Frage nach Zahl und Qualifikation der Berliner Jäger – und danach, wo überhaupt geschossen werden darf.

Die „Waffenbehörde“ gehört in Berlin zum Landeskriminalamt. Nach Auskunft der Polizei haben in der Stadt 9439 Personen einen Waffenschein und 8470 einen Kleinwaffenschein, der etwa für Schreckschuss- und Signalpistolen verlangt wird. In rund 50 Fällen pro Jahr kassiert die Behörde den Schein wieder ein, meist, weil der Inhaber für unzuverlässig gehalten wird – also kriminell wird, herumballert oder droht oder die Waffe nicht sicher genug aufbewahrt.

Die Jäger machen mit etwa 2400 nur eine Minderheit derer mit Waffenbesitzkarte aus. 182 Quadratkilometer, also gut ein Fünftel des Berliner Stadtgebietes, sind Jagdrevier: 139 Quadratkilometer Wald, 42 Feld, 1,6 Wasser. Klingt viel, aber wäre wenig, wenn alle Berliner Jäger hier jagen würden – zumal der größte Teil der Wälder den Berliner Forsten untersteht, in denen sich in erster Linie Förster um die Wildbestände kümmern. Wer hier privat jagt, braucht einen „Begehungsschein“ – und darf aus Sicherheitsgründen beispielsweise keine „Pirschjagd“ betreiben, sondern nur vom Hochstand aus zielen, der besseren Überblick bietet. Dass sich bei der geringsten Unsicherheit, etwa im Dunkeln, das Abdrücken verbietet, hat das Verwaltungsgericht ja gerade noch einmal klargestellt.

Weitere Reviere sind die drei „Eigenjagdbezirke“. Sie gehören den Wasserbetrieben (in Gatow), dem Bund (am Tegeler Flughafensee) und dem Bezirk Pankow (Malchow). Außerdem gibt es vier Jagdgenossenschaften, die sich aus Flächen verschiedener Eigentümer zusammensetzen. Diese mindestens 150 Hektar großen Reviere werden in der Regel an einen Jäger verpachtet.

Nicht jedes Stück Grün kann also zum Jagdgebiet erklärt werden. Im größten Teil der Stadt ist die Jagd verboten. Die Einzigen, die hier die Flinte anlegen dürfen, sind die etwa 35 Stadtjäger, die besonders erfahren sind und eine Genehmigung der Berliner Forsten haben. Sie werden oft direkt von der Polizei angefordert, wenn Gefahr droht – und dürfen außerdem nur mit Erlaubnis des Grundstückseigentümers abdrücken. Eine Wildschweinrotte, die im Garten Tulpenzwiebeln ausbuddelt, reicht als Grund nicht aus.

Wenn Wildtiere zum Problem werden, sind nach Auskunft von Sabine Kopetzki, Jagdreferentin des Senats, eher die Menschen schuld. Nämlich die, die sie füttern, obwohl das ausdrücklich verboten ist. „Es gibt einen harten Kern von Leuten, die auch beratungsresistent sind.“ Fütterung sei „eben nicht notwendig, sondern verschärft die Situation“: Tiere werden zahm und kommen deshalb den Menschen in die Quere. Neben dem bekannten Wildschweinproblem nennt Kopetzki auch die Waschbären, die sich gern an Katzenfutterstellen bedienen. „Der eine füttert sie, der andere würde sie am liebsten fangen.“ Bestraft werden könne beides.

Während Wildschweine – ausgenommen von Bachen mit Frischlingen – ganzjährig gejagt werden dürfen, haben die meisten anderen vom Vorfrühling bis zum Herbst Schonzeit. Ganz oben auf der Abschussliste der vergangenen Saison stehen Wildschweine (1391) vor Kaninchen (870) und Rehen (414). Dann folgen Füchse (150), Waschbären (54), Damhirsche (40) und Muffelwild, also Wildschafe (5). Drei Steinmarder und zwei Stockenten komplettieren die Liste.

An Jagdunfälle oder folgenschwere Fehlschüsse kann sich Kopetzki zumindest für die vergangenen zehn Jahre nicht erinnern. Für Islandponys ist Berlin demnach – normalerweise – ein sicheres Pflaster.

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