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Zeichen der Erinnerung. Am Montag wurden am Alexanderplatz für das Opfer am Tatort Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet.

© dpa

Update

Tatort Alexanderplatz: Nach der Bluttat wird ein Sicherheitskonzept gesucht

Gegen den Tatverdächtigen der Messerattacke am Alexanderplatz wurde am Dienstag Haftbefehl erlassen. Derweil wird diskutiert, wie der Ort des Verbrechens sicherer werden kann. Vorschläge gibt es in der großen Koalition viele.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Am Montag, einen Tag nach der Messerattacke am Alex lobte Innensenator Frank Henkel (CDU) die Polizei für den schnellen Ermittlungserfolg und forderte: „Der Alexanderplatz darf kein Angstraum werden“. Es sei nachvollziehbar, dass die Menschen nach solchen Taten Angst hätten, aber „durch mehr Personal und neue Sicherheitskonzepte haben wir polizeilich gegengesteuert“. Am Dienstag wurde Haftbefehl wegen Mordverdachts gegen den Tatverdächtigen erlassen.

Henkel verwies auf das Kontaktmobil und das Direktionskommando am Alex. Außerdem gebe es mehr Streifen und er setze auf die „hervorragende Zusammenarbeit“ mit der Bundespolizei. Die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen am Alexanderplatz habe im vergangenen Jahr um 22 Prozent abgenommen. Trotzdem bleibe es ein Ort, „der Kopfzerbrechen bereiten muss“.

Die Sicherheitsexperten von SPD und CDU sind allerdings der Meinung, dass die Sicherheitslage am Alex verbesserungsfähig ist. Nach dem tödlichen Messerstich dürfe nicht zur Tagesordnung übergegangen werden, forderte der SPD-Innenexperte Tom Schreiber. Mit dem CDU-Kollegen Peter Trapp ist er sich einig, dass Polizeipräsenz und Kontrollen auf dem Alexanderplatz noch verstärkt werden müssen – auch mithilfe der Bundespolizei. „Jetzt sind es 300 000 Menschen, die dort Tag und Nacht in S- und U-Bahn umsteigen, shoppen, flanieren, zur Arbeit gehen, bald werden es 400 000 sein“, sagte Schreiber. Darauf müssten Sicherheitsbehörden und Politik angemessen reagieren.

Frank Henkel will keine Kombiwache von Bundes- und Landespolizei am Alex

Schreiber erinnerte daran, dass seit acht Monaten ein Vorschlag der Sozialdemokraten für eine Kombiwache am Alex vorliege, um die Kräfte von Bundes- und Landespolizei sowie bezirklichen Ordnungsämtern zu bündeln. Passende Räume stünden in der Rathauspassage zur Verfügung. Senator Frank Henkel lehnte diesen Plan am Montag erneut ab. Eine solche Kombiwache erfordere „Bürokratie und Logistik“ und binde Personal, das dann bei den Streifen fehle.

Doch Schreiber ist beharrlich. Wenigstens müsse die Bundespolizei endlich mit einer eigenen Wachstation am Alexanderplatz vertreten sein, und der örtliche Polizeiabschnitt benötige eine personelle Verstärkung. Die Mobilität der Polizisten könne mit Segways, einachsigen Elektrorollern, deutlich erhöht werden. Schreiber kann sich persönlich auch eine Videoüberwachung öffentlicher Plätze vorstellen, aber er weiß, dass es dafür in der SPD keine Mehrheit gibt.

Der CDU-Innenpolitiker Trapp schlug gemeinsame Streifen von Landes- und Bundespolizei auf dem Alex vor. Auch er ist dafür, den Polizeiabschnitt in der Keibelstraße und das Kontaktmobil auf dem Platz personell besser zu besetzen. Außerdem setzte sich Trapp für „verdachtsunabhängige Kontrollen“ auf dem Alexanderplatz ein. Seit der bundesweiten Verschärfung des Waffenrechts 2008 sind Klappmesser jeder Größe und feststehende Klingen mit mehr als 12 Zentimetern Länge verboten.

Damals kündigte die Polizei an, „kriminalitätsbelastete Orte“ – etwa den Hermannplatz oder das Kottbusser Tor – intensiv zu kontrollieren. Begründet wurde dies mit zunehmenden Messerstechereien unter Jugendlichen. 2013 wurden in Berlin 4120 Messerattacken registriert. Doch der Ankündigung folgten keine Taten. Das lag auch daran, dass die Polizei die „kriminalitätsbelasteten Orte“, an denen verdachtsunabhängig überprüft werden darf, möglichst geheim halten will. „Die soll man ruhig öffentlich machen, auch den Alex – und dort auf Messer in den Taschen kontrollieren“, sagte Trapp. Eine bessere Videoüberwachung fände der CDU-Politiker auch gut. Und insgesamt fehle Personal.

Im Januar dieses Jahres verfügte die Berliner Polizei über 21 141 Vollzeitstellen. Die Krankenquote liegt aber bei mehr als 12 Prozent, über 800 Polizeibeamte sind dauerhaft oder vorübergehend „eingeschränkt dienstfähig“. Fast eine Million Überstunden wurden angehäuft und polizeiintern wird das – seit Jahresbeginn erprobte – neue Arbeitszeitmodell als familienfeindlich und ineffektiv kritisiert. Das „Personalproblem“ bei der Polizei bleibe eine Herausforderung, räumte Henkel kürzlich ein. Stets weist der Innensenator darauf hin, dass in der rot-roten Regierungszeit im Polizeivollzug 1 800 Stellen abgebaut worden seien. Die schwarz-rote Koalition hat 350 zusätzliche Stellen zugesagt, die aber bisher noch nicht besetzt sind.

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