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Und am Ende gewinnen immer wir. Travis Mulock (vorn) hat die Verlängerung mit dem Siegtor für die Eisbären beendet.

© BorisStreubel

Update

Eishockey: Die Eisbären sind Meister des Comebacks

Die Berliner holen zum Play-off-Auftakt einen 0:4-Rückstand noch auf und besiegen dabei gleich zwei Probleme. Der Streit um die Erhöhung der Ticketpreise allerdings schwelt weiter.

Berlin - Über drei Stunden Eishockey waren am Mittwochabend vorbei, als Travis Mulock mit ruderndem Arm ein Tor feierte, an das zuvor nur noch die Profis der Eisbären geglaubt hatten. 0:4, 5:4, 5:5 und dann doch noch 6:5 nach Verlängerung gewonnen gegen die Hamburg Freezers in einem Play-off-Spiel, das in seiner kuriosen Dramaturgie wohl in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) nur dem Meister aus Berlin gelingen kann. Es war noch ein Stück mehr als eine Aufholjagd, die Eisbären besiegten im ersten Viertelfinalspiel auch die Stille in der Halle, die ihre harten Fans mit dem ersten Bully nach ihrem demonstrativen Abmarsch aus der Arena am Ostbahnhof hinterlassen hatten.

Rund 3000 Anhänger unter den 13 600 Zuschauern waren aus Protest gegen die Preiserhöhungen der Dauerkarten für die nächste Saison gegangen. Die Mannschaft schien danach in ein Desaster zu rutschen. Trainer Don Jackson sagte später: „Schließlich kannten wir diese Situation nicht, normalerweise ist es ohrenbetäubend laut bei uns.“ Aber auch darauf hatten die Eisbären eine Antwort, genauso wie auf das Spiel der Freezers. Mit simplem Forechecking hatten die Hamburger den irritierten Gegner vom Weg abgebracht, ab dem zweiten Drittel liefen sie ängstlich über das Eis: Es wurde ein Debakel für Hamburg gegen eine entschlossene Berliner Mannschaft. Gestürzte Helden, die am Ende doch triumphieren – so etwas gibt es in jedem zweiten Hollywoodfilm, aber im Eishockey? Selten. Und dann in Deutschland nur bei den Eisbären.

Es gibt taktische Erklärungen für die einmaligen Comeback-Qualitäten des Deutschen Meisters. Natürlich hatte Jackson gegen die Freezers nach dem ersten Drittel sein Team umgestellt, nur noch mit drei Sturmreihen agieren und den Gegner im Mitteldrittel aggressiv stören lassen, womit dem kaum noch etwas Konstruktives im Spiel nach vorne gelang. Aber das alles reicht als Erklärung nicht, es ist vor allem der Glaube an die eigenen Fähigkeiten, der die Eisbären im entscheidenden Moment so stark macht. „Wir können eben alles ausblenden, wenn es darauf ankommt“, sagte Kapitän André Rankel nach dem Spiel.

Mit der Demonstration der mentalen Macht haben die Berliner die Hamburger schon angezählt, auch wenn es in der nach dem Modus „Best of seven“ ausgespielten Serie darum geht, den Gegner viermal zu schlagen. Aber nach Spiel eins erscheint es unwahrscheinlich, dass die Freezers am Freitag bei ihrem ersten Heimspiel in der Serie (Beginn 19.30 Uhr) unbeschwert aufspielen werden. In den Köpfen der Spieler könnte schon mitschwingen, dass auch ein klarer Vorsprung gegen die Eisbären nichts heißt. Dieses Problem hatten sie bei den Freezers schon nach dem Spiel erkannt, also flüchteten sie sich in Brachialrhetorik wie Christoph Schubert. Der Hamburger Kapitän sagte: „Wenn wir das nächste Mal unsere Fehler abstellen, bin ich mir sicher, dass Berlin in der Serie kein Land mehr gegen uns sieht.“

Zumindest werden die Eisbären am heutigen Freitag wieder weniger ihrer Fans als auch bei Auswärtsspielen gewohnt in Hamburg sehen. Die Bustouren für das Auswärtsspiel wurden abgesagt, obwohl es wohl eine Annäherung im Ticketstreit gibt. Am Donnerstag trafen sich Fanvertreter mit Eisbären-Manager Peter John Lee. Die vom Berliner Klub unglücklich kommunizierten Preiserhöhungen sind durch den Protest vom Mittwoch nun auch Thema in der Mannschaft – auch wenn die sich nicht vom Siegen abhalten ließ. Stürmer Florian Busch, der in der ersten Pause des Spieles gegen Hamburg noch davon gesprochen hatte, der Abmarsch der Fans sei ihm „kackegal“, sagte mit niedrigerem Adrenalinpegel nach dem Spiel, dass er den Frust der Anhänger durchaus verstehen könne. Trainer Don Jackson wies daraufhin, dass auch die Spieler in den jüngsten drei Jahren Streichungen bei den Bonuszahlungen gehabt hätten. Ein komplexes Thema, das sich sicher nicht so einfach lösen lässt wie ein 0:4-Rückstand auf dem Eis – jedenfalls für die Eisbären.

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