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Gold für Antje Möldner-Schmidt.

© dpa

Leichtathletik-EM in Zürich: Antje Möldner-Schmidt gewinnt gegen alle Hindernisse

Antje Möldner-Schmidt gewinnt emotional Gold über 3000 Meter Hindernis. Auch sonst ist es ein turbulenter Abschlusstag - und Dank Kugelstoßerin Christina Schwanitz und der Sprint-Staffel auch ein überaus erfolgreicher für das DLV-Team.

Sie hat sich eine Disziplin ausgesucht, die zu ihr passt: Antje Möldner-Schmidt läuft 3000 Meter Hindernis. Sie hat einiges zu bewältigen gehabt an Widerständen, vor allem eine Krebserkrankung vor vier Jahren, ein Tumor in ihrer Schulter musste mit einer Chemotherapie behandelt werden. Doch wie in ihrer Disziplin ist sie drüber hinweggesprungen und weitergelaufen. Seit sechs Jahren erst läuft sie die 3000 Meter Hindernis. Und dass sie von den 1500 Metern umgestiegen ist, konnte die 30 Jahre alte Polizistin am Sonntag mit dem größten Erfolg ihrer Karriere feiern. Sie gewann dank eines beeindruckenden Schlussspurts den Europameistertitel. 9:29,43 Minuten brauchte sie. „Ich wusste, ich kann mich auf meinen Spurt verlassen, es war Wahnsinn. Ich stand ja noch nicht ganz oben“, sagte sie und weinte gerührt bei der Siegerehrung.

Die gebürtige Potsdamerin, die jetzt für Cottbus startet, hat eine sportliche Familiengeschichte erfolgreich weitergeschrieben. Ihr Vater und ihr Bruder Olaf waren Geher. Ihre Schwestern sind beide Mittelstreckenläuferinnen. Vor zwei Jahren hatte Antje Möldner-Schmidt in Helsinki bei e EM Bronze gewonnen. Jetzt ist sie Europameisterin in der bei den Frauen noch jungen Disziplin 3000 Meter Hindernis.

Der letzte Tag war für Deutschland der erfolgreichste

Ihr Erfolg war eine von mehreren herausragenden Leistungen der deutschen Leichtathleten am letzten Tag dieser Europameisterschaften in Zürich, es war ihr ertragreichster Tag im Letzigrund-Stadion mit zwei Titeln und einer Silbermedaille. Es hatte schon bestens begonnen mit dem ersten Wettbewerb, dem Kugelstoßen der Frauen.

Vizeweltmeisterin und jetzt Europameisterin: Christina Schwanitz aus Chemnitz.
Vizeweltmeisterin und jetzt Europameisterin: Christina Schwanitz aus Chemnitz.

© AFP

Christina Schwanitz ist die derzeit beste Europäerin. Weltweit stößt nur die Neuseeländerin Valerie Adams weiter. Ihre Favoritenrolle erfüllte die 28 Jahre alte Chemnitzerin voll und ganz. Mit 19,90 Meter im zweiten Versuch setzte sie sich gleich von der Konkurrenz ab, es war der beste Stoß des Wettbewerbs. Auch ihr zweit-, dritt- und viertweitester Versuch hätten zum Sieg gereicht, und so war ihre Goldmedaille auch ein Abzeichen für eine beeindruckende Konstanz.

Revanche für Mekhissi-Benabbad

Mit einer Medaille im Laufen hätte es vielleicht weiter gehen können, doch der Wettbewerb über 1500 Meter der Männer wurde zu einem verrückten Rennen. Drei Deutsche waren am Start unter anderem Homiyu Tesfaye, zweitschnellster Europäer in diesem Jahr. Er wurde am Ende Fünfter. Ein Kuriosum dieses Laufs war jedoch der Sieger. Mahiedine Mekhissi-Benabbad nahm schon eine Runde vor Schluss Reißaus und ließ sich nicht mehr einfangen. Es war ein Sieg mit Vorgeschichte.

Im Finale über 3000 Meter Hindernis war der Franzose auch schon der Schnellste gewesen, weil er sich aber auf der Zielgeraden seines Trikots entledigt hatte, wurde er disqualifiziert. Diesmal behielt er sein Trikot an, brachte aber seinen Lauf auch nicht einfach so zu Ende. Er ruderte mit den Armen, forderte das Publikum zum Jubeln auf und fing vor dem Zielstrich noch ein bisschen zu trödeln an, als wolle er Fangen spielen. Einige Zuschauer pfiffen und buhten ihn daraufhin aus, was der Franzose wiederum mit einer Geste des Unverständnisses quittierte. Bei der Siegerehrung bekam er dann noch einen aufmunterndem Klaps von einer Legende dieser Disziplin, des britischen Olympiasiegers Sebastian Coe. „Heute zu gewinnen, war das Beste, was ich nach den 3000 Metern Hindernis tun konnte. Ich habe es für meine Familie getan, für alle, die für mich sind und für meinen Trainer“, sagte Mekhissi-Benabbad . „Ich habe heute Leichtathletik-Geschichte geschrieben.“

Ein weiteres Kuriosum in diesem Rennen waren mehrere Stürze, es traf dabei auch Florian Orth, der am Ende Zehnter wurde. „Da geht vorne die Post ab. Plötzlich bekomme ich einen Tritt. Ich überschlage mich und finde mich am Ende des Feldes wieder“, erzählte er.

Achtungserfolg für Marie Jungfleisch

Einen großartigen fünften Platz erreichte noch die 23 Jahre alte Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch mit gemeisterten 1,97 Metern. Das bedeutete eine neue persönliche Bestleistung. Und über 5000 Meter erreichte Richard Ringer in 14:10,92 Minuten einen ebenfalls starken vierten Platz. Beim Sieg des Briten Mo Farah in diesem Lauf (14:05,82) wurde Arne Gabius in 14:11,47 Siebter, er hatte vor zwei Jahren Silber gewonnen. Die beiden deutschen 4x400-Meter-Staffeln landeten beide auf Platz sechs.

Den Schluss- und Höhepunkt sollten dann die Sprintstaffeln bilden. Die deutsche Frauenstaffel war wegen eines Übergabefehlers schon im Vorlauf ausgeschieden, dafür hatte die Männerstaffel mit der schnellsten Vorlaufzeit das Finale erreicht. Ihre Zeit konnten die deutschen Sprinter Julian Reus, Sven Knipphals, Alexander Kosenkow und Lukas Jakubczyk sogar noch einmal steigern auf 38,09 Sekunden, nur vier Hundertstel unter dem Deutschen Rekord. Auf der Schlussposition bekam Jakubczyk das Staffelholz mit etwas Rückstand auf die Briten in die Hand gedrückt. Der beste deutsche Sprinter und Fünfte des Einzelfinales, konnte den Rückstand gegen den 200-Meter–Europameister Adam Gemili nicht mehr aufholen. Die Briten erreichten in 37,93 Sekunden das Ziel. „Unser Ziel war heute Gold, aber wir haben heute Silber gewonnen, so müssen wir es sagen und können super zufrieden sein“, sagte Julian Reus. „Die Engländer waren zu schnell, das muss man eingestehen“, sagte auch Jakubczyk, „wir haben aber zwei super Rennen abgeliefert. Das Ziel Gold haben wir nicht erreicht, aber aufgehoben ist nicht aufgeschoben“, sagte er und hatte etwas die Worte verdrehte.

Schweizer Sprinterinnen patzen

Die Schweizer Frauenstaffel hatte dafür im letzten Wettbewerb dieser EM das Holz nicht im Griff. Es sollte ein mit einer Medaille gekrönter Abschluss für die Gastgeber werden. Doch die Startläuferin Mujinga Kambundji verlor das Staffelholz nach zwei Schritten und was als Ehrenrunde am Ende geplant war, wurde durch den aufmunternden Beifall des enttäuschten Publikums zu einer Trostrunde.

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