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Unter Volldampf. Bei Minustemperaturen von bis zu 28 Grad müssen die Heizungen derzeit hergeben, was sie können.

© ZB

Kälteeinbruch: Der Winter wird teuer

Der Dauerfrost belastet Verbraucher und Firmen: Heizen wird teurer, der Verkehr stockt – aber das große Chaos bleibt bislang aus.

Die Kälte kostet: Verbraucher und Unternehmen müssen mehr Geld für Strom und Gas ausgeben, die Firmen können weniger produzieren, die Versorgung mit Rohstoffen und Brennmaterial wird angesichts vereister Wasserstraßen schwieriger. Die Rekordminustemperaturen bremsen womöglich die gerade wieder anziehende Konjunktur. „Ein Zehntelprozent beim Wachstum ist schnell verloren, wenn es so kalt bleibt“, sagte Ferdinand Fichtner, Konjunkturchef beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung am Montag dem Tagesspiegel.

Auf dem Bau ruhe derzeit vielerorts die Arbeit, und die Leute hätten angesichts der Kälte weniger Lust zum Einkaufen, sagte er zur Begründung. Der Handel berichtet aktuell allerdings noch von hoher Nachfrage. „Die Leute kommen und decken sich mit Winterbekleidung ein“, sagte ein Sprecher des Handelsverbandes Deutschland. Vor allem Mützen, Schals und Handschuhe seien gefragt, die erste Woche des Winterschlussverkaufs sei daher gut verlaufen. Kälte über Wochen „wäre allerdings nicht förderlich“.

Die Baubranche blickt derzeit noch gelassen auf das Wetter. „Im vergangenen Winter war es viel länger kalt“, sagt Helmut Bramann, Geschäftsführer beim Hauptverband der Bauindustrie. Zumal werden Arbeitsausfälle erfahrungsgemäß im Frühjahr und Sommer wieder aufgeholt. „Der Umsatz verschiebt sich – so wie im vergangenen Jahr, als das zweite Quartal durch die Decke ging“, berichtet er.

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VERBRAUCHER

Heizkosten steigen

Je kälter die Tage und Nächte, desto teurer wird’s für die Verbraucher. Wie sehr die Heizkosten in die Höhe schießen, hängt davon ab, wie gut das Haus isoliert ist und wie warm man es daheim haben möchte. Folgende Faustformel hilft beim Rechnen: Ein Temperatursturz von null Grad Außentemperatur auf minus 20 Grad würde die Heizkosten verdoppeln, wenn es in der Wohnung 20 Grad warm bleiben soll, weiß der Berliner Energieberater Andreas Schmeller. Für eine 100 Quadratmeter große Wohnung würden dann im Schnitt 20 Euro statt zehn Euro Heizkosten pro Tag anfallen.

Hinzu kommt, dass die Preise im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 5,5 Prozent gestiegen sind, heißt es beim Internetvergleichsportal Verivox. Dass die Heizkostenabrechnung für diesen Winter unterm Strich dennoch glimpflich ausfallen dürfte, liegt an den milden Temperaturen, die in Deutschland vor dem jüngsten Kälteeinbruch herrschten.

Einige Vermieter und Arbeitgeber stehen aber schon jetzt vor Problemen. Die Heizungen kommen nicht gegen die kalten Außentemperaturen an. Mieter können verlangen, dass ihre Wohnung tagsüber mindestens 20 Grad warm wird. Wenn nicht, sollten sie ihren Vermietern Dampf machen und ihnen eine kurze Frist zur Nachbesserung setzen. Passiert nichts, kann man die Miete mindern oder selbst den Heizungsnotdienst rufen.

Fällt das Thermometer in der Wohnung unter 15 Grad, könne man auf Kosten des Vermieters in ein Hotel ziehen, sagt Dietmar Wall vom Deutschen Mieterbund. Wie die Wohnung, so das Büro: Auch hier muss es mindestens 20 Grad warm werden, weiß Peter Klenter vom DGB. Ist es kälter, sollten die Beschäftigten dem Chef eine Frist setzen und ihn auffordern, für Abhilfe zu sorgen. „Bleibt es weiter kalt, können die Beschäftigten zu Hause bleiben – und trotzdem ihr Gehalt verlangen“, sagt Jurist Klenter. Für Arbeitsplätze, an denen die Mitarbeiter körperlich hart arbeiten müssen, reicht eine Mindesttemperatur von zwölf Grad.

Welche Auswirkungen hat die Energiewende? Droht eine Stromknappheit wie in Frankreich?

ENERGIE

Stromnetz unter Druck

Was die Stromversorgung angeht, kommt es jetzt zum Schwur: Behalten die Skeptiker der Energiewende recht, die wegen des Abschaltens der acht ersten Kernkraftwerke vor Stromausfällen bei starkem Frost warnen? Schließlich steigt der Stromverbrauch in solchen Tagen stark an. Das Unternehmen Tennet, das das längste Höchstspannungsnetz hierzulande betreibt, hatte im Dezember erstmals auf ein Öl-Notkraftwerk in Österreich zurückgegriffen, um einen Spannungsabfall zu verhindern. Die Stabilität in diesem Winter werde nur schwer aufrecht zu erhalten sein, hieß es damals.

Vielleicht stimmt das grundsätzlich. Derzeit aber ist das Gegenteil der Fall: Deutschland hat in den vergangenen Tagen sogar Strom ins Ausland exportiert, teilte das Wirtschaftsministerium unter Berufung auf die vier Netzbetreiber mit. Dies zeige, dass sich Deutschland mit der Energiewende auf einem guten Weg befinde. In einigen Regionen in Südfrankreich riefen Netzbetreiber dagegen den Notstand aus: Grund – dort heizen viele Haushalte mit Strom.

TRANSPORT

Binnenschifffahrt stockt

Die niedrigen Temperaturen lähmen die Binnenschifffahrt. „Es gibt Sperrungen in Bayern und den neuen Bundesländern, die auch auf Niedersachsen und Schleswig-Holstein übergreifen“, sagte ein Sprecher des Binnenschifffahrtsverbands am Montag. So sei der Oberlauf der Elbe durch Treibeis blockiert. Bei Baustoffen, Getreide und Brennstoffen komme es deswegen zu Transportstopps. Zahlreiche Personenfähren auf Elbe und Nordsee haben ihren Betrieb eingestellt. Die großen Pötte laufen aber wie gewohnt aus. „Bei uns sind fünf Eisbrecher im Dauereinsatz“, sagte ein Mitarbeiter des Hamburger Hafens. Halte die eisige Kälte an, würden auch Reparaturen an Schleusen und Pontons notwendig. Im Winter 2009 hätten solche Maßnahmen dem Hafen mehr als eine Million Euro gekostet.

Entspannter ist die Lage für den Bahn - und Flugverkehr: Während in London Heathrow und auf der Ferieninsel Mallorca am Wochenende hunderte Flüge ausfielen, macht das Wetter den deutschen Flughäfen keine Schwierigkeiten, „weil die Luft trocken ist und kaum Schnee fällt“, sagte Sprecher Leif Erichsen von den Berliner Flughäfen am Montag. „Nur vereinzelt kommt es zu Verspätungen, wenn eine Maschine enteist werden muss.“ Die Betriebsflächen würden jeden Morgen vorsorglich enteist. Die Kosten für diese Vorkehrungen beliefen sich auf mehrere Millionen Euro.

Wegen des bislang geringen Schneefalls hat auch die Bahn mit dem Winter bisher weniger zu kämpfen als in den vergangenen Jahren. Zwar komme es hier und da zu Zugausfällen infolge von Weichen- und Fahrzeugstörungen. Im Großen und Ganzen könne der Fahrplan aber eingehalten werden, hieß es am Montag.

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