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Medien: Aufs Liberale verlegt

Rot-Grün ist einig: Das Kartellrecht wird novelliert

In der Debatte um eine Liberalisierung der Pressefusionskontrolle hat sich die Koalition auf einen Kompromiss geeinigt. Im Rahmen der 7. GWB-Novelle zur Anpassung des Wettbewerbsrechts an europäische Maßstäbe galt vor allem die Neuregelung des Kartellrechts für Zeitungen als Streitpunkt. Nun haben sich SPD und Bündnisgrüne auf Kriterien verständigt, wie Kooperationen unter Verlagen aussehen könnten, damit einerseits die Pressevielfalt erhalten bleibt und andererseits Bedenken vor wachsender Konzentration in der Zeitungslandschaft ausgeräumt werden.

Rot-Grün einigten sich darauf, eine Bagatellklausel einzuführen, so dass künftig Zeitungsverlage, die bis zu zwei Millionen Euro umsetzen, ohne Einschränkung mit anderen Verlagen fusionieren dürfen. Weiterhin wurde die Aufgreifschwelle von 25 auf 50 Millionen erhöht. Das bedeutet, zwei Verlage, die gemeinsam bis zu 50 Millionen Euro umsetzen, dürfen sich ohne Einschränkung zusammenschließen.

Strittig war vor allem die Frage, inwieweit eine marktbeherrschende Stellung in Kauf genommen wird, um eine wirtschaftlich Not leidende Zeitung zu erhalten. Die Koalition hat sich nach, wie es heißt, „zähen, aber fairen Verhandlungen“ darauf geeinigt, dass Zeitungsverlage unter bestimmten Voraussetzungen in den Bereichen Vertrieb, Druck und Anzeigen kooperieren dürfen. Die redaktionelle Eigenständigkeit würde dadurch nicht angetastet.

Drei Kriterien müssten als Voraussetzung erfüllt sein, wobei es Aufgabe des Kartellamts sein soll („Ex-ante-Prinzip“), diese Kriterien zu überprüfen, bevor eine Kooperation genehmigt wird:

Die Zusammenarbeit muss „dazu dienen, die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen zu verbessern“.

Die Kooperation muss „für die langfristige Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage und die Fortführung mindestens einer der beteiligten Zeitungen erforderlich“ sein.

An der Zusammenarbeit dürfen „direkt nicht mehr als fünf Zeitungen beteiligt“ sein.

Die Neuregelung soll nach Ablauf von fünf Jahren auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden. Bis dahin getroffene Kooperationen bleiben davon unberührt.

Das Gesetz war im September in erster Lesung im Bundestag beraten worden und bedarf der Zustimmung des Bundesrats. Der überarbeitete Entwurf wird nun mit der Opposition diskutiert und abgestimmt. Angestrebt wird, dass die Gesetzesnovelle vor der Sommerpause in Kraft tritt.

Im Fall der Übernahme der „Berliner Zeitung“ durch die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, der in Berlin auch der Tagesspiegel gehört, würde dies bedeuten, dass eines der Blätter verkauft werden müsste. Die Kooperationsmöglichkeiten würden allerdings die Chancen auf eine wirtschaftlich tragfähige Lösung für den defizitären Tagesspiegel erhöhen. Unabhängig vom Gesetzgebungsverfahren will Holtzbrinck die Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof abwarten. Der Verlag wehrt sich damit einerseits gegen die engen Kriterien der Marktabgrenzung, wie sie das Kartellamt handhabt. Andererseits wehrt er sich gegen die Ansicht des Kartellamts, dass der Tagesspiegel selbst nach einem Verkauf an den Unternehmer Pierre Gerckens weiterhin Holtzbrinck zuzurechnen sei.

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