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Gestrandet. Kommissarin Bella Block (Hannelore Hoger) steht in der Hauptstadt plötzlich ohne Geld und Papiere da. Ermitteln muss sie dennoch, dabei geht es in dem neuen Krimi nicht um die Tätersuche, sondern um Altersarmut, Einsamkeit und Verzweiflung. Foto: ZDF/Roloff

© Volker Roloff

Filmkritik: „Bella Block“ ermittelt in Berlin

Hannelore Hoger spielt die bärbeißige Kommissarin "Bella Block" diesmal in der Hauptstadt. Doch der Krimi gerät zu einem allzu angestrengt wirkenden Film über Altersarmut, Einsamkeit und Verzweiflung. Die Krimi-Reihe findet nicht zur alten Größe zurück.

Sie war stets die Ruppige, die Raubeinige: Bella Block. Legendär ihr mürrischer Blick, ihre hingebellten Kommandos. Wenn sie eines Tages mit Holzbein im Büro erschienen wäre, finster vor sich hin fluchend wie Kapitän Ahab auf der Jagd nach Moby Dick, hätte das auch niemanden gewundert. Hannelore Hoger hat diese Figur mit dem bärbeißigen Charme stets hingebungsvoll zum Leben erweckt, viele ihrer Fälle ragten aus der konventionellen Krimi-Landschaft heraus. Nicht nur die Figur war originell, oft waren es auch die Fälle und das spürbare Engagement, das diese Kommissarin antrieb. Und jetzt? Bella ist in Rente. Ihr Lebensgefährte ist weg und Bella ermittelt nur noch in Teilzeit.

Deshalb gönnt sich Bella einen Ausflug nach Berlin, ein Kulturwochenende mit ihrer besten Freundin Margit (Maren Kroymann). Doch kaum ist die Hamburgerin in Berlin angekommen, wird sie am Hauptbahnhof Zeugin eines Verbrechens. Ein Mann wird vor ihren Augen vor einen Betonlaster gestoßen und stirbt. War der Täter nicht jener alte Mann, der ihr gerade eben noch so freundlich den Weg gewiesen hatte? In der U-Bahn wird Bella dann selbst zum Opfer. Erst malträtiert ein Musikant ihre und unsere Nerven, dann stiehlt man ihr die Brieftasche. Und so landet Bella, die in ihrer Pension ohne Geld schnöde abgewiesen wird und ihre Freundin nicht erreicht, in einer Notunterkunft der Stadtmission. Schon ist die Ballade von der Alterseinsamkeit, das Lied von den kleinen Renten und dem teuren Leben angestimmt.

Die Krimi-Reihe nimmt langsam Abschied

Bella Block "Hannelore Hoger" wird in der Berliner U-Bahn kontrolliert.

© ZDF

Der Kunstgriff, Bella in dieser Nacht zur Gestrandeten zu machen, wirkt angestrengt. Und angestrengt wirken auch die Figuren, die hier, im Nachtasyl, die Bühne betreten: ein engelsgleicher Sozialarbeiter (Oliver Breite), ein herzwunder Charmeur (Peter Simonischek), der um Bellas Aufmerksamkeit buhlt, und eine Frau mit schmaler Rente (Jutta Wachowiak), die ihre Lebenstrauer ausschüttet. Dieser Kriminalfilm singt das Lied von den im Stich gelassenen Alten so laut, dass man kaum etwas anderes hört und sieht. Eine alte Frau springt vom Dach, ein alter Mann irrt orientierungslos durchs Hochhausviertel und raffgierige Hausverwalter treiben die verarmten Senioren zur Verzweiflung. Das Viertel, in dem das alles spielt, heißt Lichtenberg, und hier findet Bella den alten Mann (Otto Mellies) vom Hauptbahnhof. Er ist der große Kümmerer, der Mann mit dem mitfühlenden Herzen, der nicht nur zusehen kann, der sich nicht abfinden will. Mellies spielt ihn mit Würde und genauester Dosierung. Noch nie, das kann man verraten, weil es in diesem Film nicht um die Tätersuche geht, ist ein Mörder von der Kommissarin so zärtlich umarmt und der Justiz übergeben worden.

Doch die Empathie, mit der das Schicksal der verzweifelten Alten erzählt wird, lähmt den Film, macht ihn vorhersehbar, zumal es in diesem Elendskosmos nur gütige oder grausame Menschen gibt. Es fehlt an Zwischentönen. Zu oft geht hier Kommissar Zufall durch das Bild und Bella wirkt als Kriminalistin unterfordert. Stattdessen wird mit Peter Simonischek eine romantische Figur etabliert, der man nicht abnimmt, dass sie von Bella angezogen wird. Und Berlin? Für Augenblicke sieht der Film der Stadt ins Herz, aber meistens wirkt die urbane Trostlosigkeit überzeichnet. Und Bella? Die Krimi-Reihe? Die nimmt langsam, sehr langsam Abschied. Vielleicht doch noch mal leben, Bella?

„Bella Block: Unter den Linden“, ZDF, 20 Uhr 15

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