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Medien: Sprung im "Spiegel": Stefan Aust braucht Platz für Reportagen, bekommt aber kein Geld dafür

Der "Spiegel" könne vor Kraft kaum laufen, ist einer der Sätze, die man momentan über das Nachrichtenmagazin in der Hamburger Brandstwiete hört. Gemeint ist der Zuwachs an schreiberischer Potenz.

Der "Spiegel" könne vor Kraft kaum laufen, ist einer der Sätze, die man momentan über das Nachrichtenmagazin in der Hamburger Brandstwiete hört. Gemeint ist der Zuwachs an schreiberischer Potenz. Denn nach der Einstellung von "Spiegel Reporter" sollen sämtliche Edelfedern um die früheren "Spiegel Reporter"-Redaktionsleiter Lothar Gorris und Cordt Schnibben für das Mutterheft eingesetzt werden. Über den Sinn und die Notwendigkeit eines umfangreicheren Reportageteils ist nun Streit entbrannt.

Chefredakteur Stefan Aust hatte bei der Einstellung des Reportagemagazins angekündigt, der Gesellschafts-Teil werde um acht Seiten erweitert, um Platz zu schaffen für weitere Reportagen. Doch diese Erweiterung kündigte Aust offensichtlich eigenmächtig an, ohne Absprache mit den Gesellschaftern. Und die sind jetzt sauer.

Auf der Jahresversammlung am Montag vergangener Woche baten die stillen Gesellschafter die Geschäftsführung des Spiegel-Verlages, von der Umfangserweiterung abzusehen. Schließlich wurde "Spiegel Reporter" eingestellt, weil sich das Blatt nicht rentierte. Viele wollen nun nicht einsehen, warum ausgerechnet jene Geschichten, die sich bei "Spiegel Reporter" als unverkäuflich erwiesen, im "Spiegel" gedruckt werden sollen. Und das zu Zeiten, in denen das Papier teuer und die Anzeigen weniger geworden sind. Die Einsicht ist zwar ernüchternd, aber Realität: Journalisten sind dazu da, den Platz um die Anzeigen herum zu füllen.

Unternehmerisch gedacht und im Klartext heißt das für den Spiegel-Verlag, der zur Hälfte den Mitarbeitern gehört: Steigt im Heft der redaktionelle Anteil im Vergleich zu den Anzeigen, sinkt die Gewinnsumme, die den Mitarbeitern ausgeschüttet wird. Das Geld, das "Spiegel Reporter" verschlungen hat, sollte gespart und nicht in eine Umfangserweiterung gesteckt werden - nur, um die intern sowieso wenig beliebten Edelfedern zu beschäftigen. Die Mitarbeiter KG will für eine Erweiterung jedenfalls kein Geld bereitstellen. Deshalb stellt sich jetzt Stefan Aust stur - und weiß dabei das Reporter-Ressort hinter sich.

Einige Mitarbeiter verstehen Bemerkungen, die der zu Zynismus neigende Aust gesagt haben soll, als Drohung: Aust bestehe auf einer Erweiterung, heißt es. Wenn der Etat aber nicht erhöht werde, müsse eben anderswo gespart werden. Zum Beispiel bei den Mitarbeitern - weniger geliebten oder älteren Redakteuren.

Über Entlassungen entscheidet jedoch die Geschäftsführung, in Person des früheren Personalchefs Karl-Dietrich Seikel. Über ihn wird gesagt, er hoffe auf eine einvernehmliche Lösung des Streits. Aber vielleicht gibt es ja den einen oder anderen, der mangels Lust und Perspektive freiwillig geht und den nicht einmal die luxuriöse jährliche Gewinnausschüttung versöhnt. Die war im vergangenen Jahr, in dem die Gewinne um 32 Prozent stiegen, so hoch wie schon lange nicht mehr.

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