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Medien: Zähes Ringen um Austs neuen „Spiegel“-Vertrag

Um halb sieben am Freitagabend war die Vertragsverlängerung von Stefan Aust als Chefredakteur des „Spiegel“ perfekt. Noch eine halbe Stunde zuvor hatte der 58-Jährige kein Angebot vorliegen.

Um halb sieben am Freitagabend war die Vertragsverlängerung von Stefan Aust als Chefredakteur des „Spiegel“ perfekt. Noch eine halbe Stunde zuvor hatte der 58-Jährige kein Angebot vorliegen. Sein Kommentar lautete wie üblich: „I cross the bridge, when I’ll reach it“. Will heißen: Bevor kein Vertrag auf dem Tisch liegt, entscheide ich auch nicht, ob ich ihn unterschreibe.

Es war ein zähes Ringen. Am Mittwoch voriger Woche hatten die Bertelsmann- Tochter Gruner + Jahr und die Spiegel Mitarbeiter KG mitgeteilt, sie hätten sich auf die „Eckdaten“ der Vertragsverlängerung geeinigt. Das Angebot werde umgehend ausgearbeitet, zeitnah verhandelt und zum Abschluss gebracht. Wenige Stunden später, beim Bertelsmann-Fest in Berlin, hörte man Aust verärgert über seine Gesellschafter reden. Seine üble Laune hielt bis gestern Abend an. So lange brauchten Rolf Wickmann von G + J sowie Thomas Darnstädt und Karl Heinz Gill von der Mitarbeiter KG, bis die Klauseln formuliert waren. Austs Unterschrift war dann schnell unter das Papier gesetzt. „Es lief alles einvernehmlich“, sagte Wickmann danach dem Tagesspiegel.

Aust ist jetzt im Besitz eines Vertrages, der 2006 beginnt und nach drei Jahren erstmals gekündigt werden kann. Tun die Gesellschafter das, erhält Aust eine bestimmte Abfindungssumme. Kündigen sie ihn nicht, läuft der Vertrag zwei Jahre weiter. Dem Vernehmen nach ist geregelt, dass Aust mit entsprechendem finanziellen Anreiz bei der Suche nach seinem Nachfolgers aktiv beteiligt wird. Er kann einen Stellvertreter suchen, dem die Gesellschafter zustimmen müssen. Dieser Stellvertreter wird dann als Nachfolger aufgebaut. Weitere Klauseln regeln Austs Mitarbeit bei „Spiegel TV“ nach Ablauf seines Vertrags beim Printmagazin. Verwehrt wurde Aust, bei „Spiegel TV“ die Anteile von G + J übernehmen zu dürfen. G + J ist bei „Spiegel TV“ medienpolitisch ein Problem. Es wird als bedenklich eingestuft, dass RTL „Spiegel TV“ als gesetzlich vorgeschriebenes „unabhängiges Fensterprogramm“ sendet, „Spiegel TV“ zugleich aber mit G + J einen Eigner hat, der wie RTL zu Bertelsmann gehört.

Die Nachfolgeregelung beim „Spiegel“ ähnelt dem, was Rolf Wickmann Mitte der 90er Jahre als G + J-Vorstand mit dem langjährigen „Stern“-Chef Werner Funk vereinbart hatte. Funk sollte damals selbst seinen Nachfolger suchen. Geklappt hat es nicht. Es waren lange, unglückselige Zeiten für den „Stern“.

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