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Meinung: … Belgien

Bei den einen löst er Begeisterung und Ohnmachtsanfälle aus, bei den anderen schlaflose Nächte und heiße Diskussionen. Die Rede ist von Johnny Hallyday, dem französischen Altstar, der seit Jahrzehnten Frauenherzen höherschlagen lässt mit seiner rauchigen Stimme und den schmalzigen Texten.

Bei den einen löst er Begeisterung und Ohnmachtsanfälle aus, bei den anderen schlaflose Nächte und heiße Diskussionen. Die Rede ist von Johnny Hallyday, dem französischen Altstar, der seit Jahrzehnten Frauenherzen höherschlagen lässt mit seiner rauchigen Stimme und den schmalzigen Texten. Für weniger Freude sorgt seine Steuerflucht aus Frankreich – die beschäftigt nun sogar das belgische Parlament.

Seit Ende vergangenen Jahres hat Hallyday es sich in einem Châlet in Gstaad gemütlich gemacht – in der Schweiz zahle er zwar immer noch über 300 000 Euro Steuern im Jahr, hatte der Rockstar damals erklärt, aber das sei eben erheblich weniger als auf der anderen Seite der Alpen, in Frankreich. Doch jetzt haben die Belgier den Schnulzensänger an der Backe: Ein Ausschuss des Parlaments in Brüssel muss in der kommenden Woche entscheiden, ob Johnny die belgische Staatsbürgerschaft bekommt. Sein Vater war Belgier, jetzt bewarb sich auch der Junior darum – allerdings nicht, um nach Belgien zurückzukommen, sondern um sich in Monaco niederlassen zu können. Als Franzose kann er dort nämlich nicht von den niedrigen Steuersätzen profitieren – als Belgier sehr wohl. Es steht also viel Geld auf dem Spiel, und das lässt sich Hallyday einiges kosten. Bereits im vergangenen Winter kam er nach Brüssel, jetzt war er gerade wieder da. „Wie ich dich liebe!“, sang er am vergangenen Dienstag bei einem Sonderkonzert in Brüssel. Die Belgier scheinen sich von dieser Liebeserklärung aber nicht mehr ganz so beeindrucken zu lassen – zumindest nicht alle.

Von den 17 Mitgliedern des Parlamentsausschusses haben bereits mehrere angekündigt, gegen die Einbürgerung zu stimmen. Die Vorsitzende des Ausschusses, Liesbeth Van der Auwera, aus dem flämischen Teil Belgiens machte den Anfang, selbst französischsprachige Wallonen folgten.

Der Rockstar muss also zittern – um seine belgische Staatsbürgerschaft. Und noch dazu dürfen sich die Abgeordneten auf keinen Fall vertagen. Denn: In drei bis sechs Monaten wird Belgien vermutlich ein bestehendes Gesetz aufheben, das die doppelte Staatsbürgerschaft bisher verbietet. Nach dem Wegfall dieses Gesetzes könnte Johnny zwar Belgier werden, würde aber gleichzeitig auch Franzose bleiben – dann ginge ihm das Steuerparadies Monaco flöten.

Ruth Reichstein

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