zum Hauptinhalt

Meinung: … der Langstreckenläufer

Wenn Dichter den Sport aufgreifen, ist das so eine Sache. Dass Handkes „Angst des Tormanns beim Elfmeter“ zwar sprichwörtlich, aber unsinnig ist, hat sich rumgesprochen.

Wenn Dichter den Sport aufgreifen, ist das so eine Sache. Dass Handkes „Angst des Tormanns beim Elfmeter“ zwar sprichwörtlich, aber unsinnig ist, hat sich rumgesprochen. Wenn einer Angst hat, dann der Schütze. „Die Einsamkeit des Langstreckenläufers“ ist auch so ein Bonmot. Alan Sillitoe, einst zorniger junger Mann der englischen Literatur, prägte es mit dem Titel seines Hauptwerks in den Fünfzigerjahren. Es bestimmte unser Bild des Läufers über die Jahre: Sehnige Menschen, die sich um fünf Uhr früh aus dem Bett wälzen, um dann allein im Wald bei Wind und Wetter ihre Runden zu drehen. Joschka Fischer hat den individuellheroischen Ansatz mit seiner Autobiographie „Mein langer Lauf zu mir selbst“ zum literarischen Höhepunkt und Abschluss gebracht. Der kugelige, aber geläuterte Außenminister stemmte sich im Kampf gegen die Pfunde vom Langen Eugen aus immer am windgepeitschten Rhein entlang. Heute ist Fischer weder einsam noch Langstreckenläufer. Und das Bild vom Läufer als Einzelkämpfer stimmt auch so nicht mehr. Die Rennerei ist längst ein Mannschaftssport. Lauftreffs boomen. Pärchen und Grüppchen bereiten sich gemeinsam auf den Berlin-Marathon vor und laufen dort zusammen über die Ziellinie. Und wer wieder nicht früh genug mit dem Training angefangen hat, der feiert an der Strecke – und zwar mannschaftlich geschlossen. mah

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false