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Meinung: … Irland

über Schwangerentourismus und wie die Iren ihn verhindern wollen Im Jahre 1992“, schrieb ein Irish-Times-Leser an die Chefredakteurin, „billigten wir eine Verfassungsänderung, um schwangeren Frauen die Abtreibung im Ausland zu ermöglichen“. Und jetzt „sollen wir die Verfassung erneut ändern, um schwangere Frauen an der Einreise nach Irland zu hindern?

über Schwangerentourismus und wie die Iren ihn verhindern wollen Im Jahre 1992“, schrieb ein Irish-Times-Leser an die Chefredakteurin, „billigten wir eine Verfassungsänderung, um schwangeren Frauen die Abtreibung im Ausland zu ermöglichen“. Und jetzt „sollen wir die Verfassung erneut ändern, um schwangere Frauen an der Einreise nach Irland zu hindern?“ Neben der Europawahl stimmen die irischen Wähler am Freitag auch über eine Verfassungsänderung ab. Der seit 1922 gültige Anspruch jedes auf der Insel Irland geborenen Säuglings auf die irische Staatsbürgerschaft soll nach Ansicht der regierenden Mitte-Rechts-Koalition erlöschen. Stattdessen muss ein Elternteil die irische Staatsbürgerschaft besitzen, damit auch der Nachwuchs in den Genuss derselben kommt. Der irische Justizminister Michael McDowell begründete die Notwendigkeit für das überstürzt angekündigte Referendum ursprünglich damit, dass die Geburtenabteilungen Dublins völlig überlastet seien, weil so viele Ausländerinnen im letzten Moment ihrer Schwangerschaft einreisten, um einen kleinen Iren oder eine kleine Irin zu gebären. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass es keine genauen Zahlen gibt, gesamthaft kann es sich höchstens um 1500 Fälle pro Jahr handeln. McDowell spricht seither davon, er wolle einen Missbrauch beenden.

Meinungsumfragen versprechen der Regierung eine Mehrheit, aber die Gegner – darunter kirchliche Kreise und Menschenrechtsorganisationen – wittern rassistische Motive, denn viele der Neubürger waren bisher schwarz. Ein anderer Leserbriefschreiber teilte der Irish Times mit, dass der Name des eifrigen Ministers auf Irisch „der Sohn des schwarzen Fremden“ bedeutet und empfahl dessen Deportation nach der Volksabstimmung. Irland war bis vor zehn Jahren ungewöhnlich homogen und versippt. Das hat sich in den Jahren des Aufschwungs dramatisch geändert. Allein im letzten Jahr wurden 48 000 neue Arbeitsbewilligungen erteilt. Die entsprechende Zahl betrüge in Deutschland eine Million. Und natürlich wurde Irland auch für Asylsuchende plötzlich reizvoll. Das größte Kontingent kommt seit Jahren aus Nigeria.

Aber zehn Jahre sind wohl zu kurz, um ein neues, buntes Selbstverständnis aufzubauen. Jetzt will die Regierung sicherstellen, dass Neubürger vornehmlich weiß bleiben. Die anderen EU-Partner werden sich kaum quer legen, denn bislang durften die frischgebackenen Iren und ihre Eltern in allen EU-Ländern das Niederlassungsrecht beanspruchen.

Martin Alioth

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