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Sind sich heute uneins, wie eng ihre Freundschaft war: Christian Wulff und Olaf Glaeseker 2010 im niedersächsischen Landtag.

© dpa

Affäre Wulff: In der Rolle des Untoten

Olaf Glaeseker, einst Sprecher von Christian Wulff, wird angeklagt. Gegen den Ex-Bundespräsidenten selbst wird noch immer ermittelt. Die Staatsanwaltschaft sollte sich beeilen. Wulff hat es verdient, dass seine Affäre ein Ende findet.

Nach langen Monaten meldet die Staatsanwaltschaft Hannover teilweisen Vollzug, sie klagt den Ex-Sprecher des Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff an und mit ihm, weil zur Bestechlichkeit stets zwei gehören, den Partyveranstalter Manfred Schmidt. Es ist derjenige Komplex der Wulff-Affäre, der zwar erst mit den Kreditangelegenheiten des einstigen Staatsoberhaupts ruchbar wurde, von dem aber früh klar war, dass – wenn etwas dahintersteckt – mehr dahintersteckt.

Richtig gute Freunde sind die beiden, heißt es, und da besucht man einander auch mal gegenseitig, urlaubt, lädt sich ein und lässt dann fünfe gerade sein respektive die Puppen tanzen oder was wirklich große Buddies – hier ein Strippenzieher aus dem Präsidentenbüro, dort ein Vollkontakt-Promidompteur der Sonderklasse – so miteinander machen, wenn der Job sie mal loslässt. Unabhängig von einer Strafbarkeit der Beteiligten warf das Geschehen um einen Ministerpräsidenten und seinen Sprecher einen Schatten auf die Präsidentschaft von Christian Wulff.

Olaf Glaeseker, so viel ist sicher, war von Christian Wulffs vielen schlechten Entscheidungen vermutlich eine der schlechtesten. Selbst wenn Wulffs Weste in dieser Angelegenheit weiß wie Schnee bleiben sollte, es wäre diese Geschichte gewesen, die ihn mehr Kredit gekostet hätte, als er je für einen Hauskauf hätte bekommen können. Insofern war es nicht die von ihm gewiss abschätzig betrachtete Medienmeute, die ihn riss, sondern das eigene Ungeschick, Fallen aus dem Weg zu gehen oder sich sogar selbst welche zu stellen.

Trotzdem wäre es nun an der Zeit, auch die letzte verbleibende Frage der Affäre zu klären: Hatte auch die Männerfreundschaft zwischen Wulff und dem Filmproduzenten David Groenewold einen strafrechtlichen Hautgout, der zu einer Anklage führen könnte? Die Staatsanwaltschaft will ihre Entscheidung dazu in den nächsten Wochen bekannt geben. Und das ist auch nötig. Nach vielen Kleinigkeiten, die ihm vorgeworfen wurden, droht Christian Wulff nur noch von hier aus Ungemach. Natürlich treibt die Ermittler der Ehrgeiz, Wulff etwas nachzuweisen. Schließlich war es ihre Entscheidung – die förmliche Aufnahme eines Verfahrens, der Antrag auf Immunitätsaufhebung –, die Wulff stürzen ließ. Nun drehen sie jedes Steinchen um, weil sie den Vorwurf der Leichtfertigkeit fürchten.

Das müssen sie nicht. Ein Ermittlungsverfahren gegen Wulff war seinerzeit überfällig, und dies ist nun mal das strafprozessuale Instrument, einen Verdacht aufzuklären. Wenn an einem Verdacht nichts dran ist, muss es eingestellt werden. Es sollten hier, für beide Seiten, nicht Aspekte der Gesichtswahrung im Vordergrund stehen.

Wulff braucht kein Mitleid, er sollte sich aber auch nicht länger in die Rolle des Untoten unter den Bundespräsidenten a.D. fügen müssen. Er hat es verdient, dass seine Affäre ein Ende findet. Es geht nicht um Recht und Unrecht, es geht um Fairness.

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