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Afrika: Land ohne Anschluss

In Äthiopien kommt trotz aller Entwicklungshilfe die Demokratisierung nicht voran

Meles Zenawi geht kein Risiko mehr ein. Lange vor der Wahl 2010 hat der äthiopische Premierminister die Weichen für einen überwältigenden Sieg seiner Partei gestellt. Keine lästige Opposition wird die Macht seiner EPRDF gefährden: Die Oppositionsführerin Birtukan Mideksa sitzt seit Ende Dezember wieder im Gefängnis in Einzelhaft in einer nach Informationen von Amnesty International zwei Quadratmeter großen, fensterlosen Zelle. Birtukan Mideksa war 2005 nach den umstrittenen Parlamentswahlen gemeinsam mit anderen Oppositionellen verhaftet und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Nach ihrer Freilassung zerlegte sich die Opposition, so dass sie zu den Regionalwahlen im vergangenen Jahr gar nicht erst antreten konnte. Doch als es Birtukan nun zu gelingen schien, eine neue Oppositionspartei aufzubauen, musste sie offenbar weg.

Die Regierungspartei hat aber auch sonst vorgebaut. Das Mediengesetz, das schon 2007 verabschiedet worden ist, schränkt die Pressefreiheit stark ein. Am 6. Januar verabschiedete das Parlament zudem ein restriktives Gesetz, das die Arbeit von Nicht-Regierungsorganisationen stark beschränkt. Selbst der treue Partner im „Kampf gegen den Terror“, die USA, haben Bedenken gegen das neue NGO-Gesetz und Sorge über die Inhaftierung von Birtukan Mideksa geäußert. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat Ende vergangener Woche einen Protestbrief an Meles Zenawi geschrieben, in dem sie die Freilassung der Oppositionspolitikerin verlangt und auch ihren Protest über das neue Gesetz äußert.

Mehr nicht. Das passt zur Linie seit dem Wahldesaster 2005. Die Begeisterung für Äthiopien ist bei den westlichen Gebern so groß, dass das Land der drittgrößte Empfänger von Entwicklungshilfe ist nach dem Irak und Afghanistan. Viele, die schon lange in Äthiopien sind, sagen pragmatisch, das bestehende Regime sei in Äthiopien das „derzeit bestmögliche“. Und es gebe ja Entwicklungsfortschritte. Beispielsweise sind 2007 nach Angaben von Meles Zenawis Ehefrau erstmals alle Kinder eines Geburtsjahrgangs eingeschult worden. Doch trotz aller Entwicklungshilfe bleiben die Äthiopier arm und viele von ihnen sogar unterernährt. Das hat viele Gründe. Einer ist aber auch die Regierungspolitik, die jegliche Eigeninitiative misstrauisch beäugt. Nicht einmal der Mobilfunk ist privatisiert worden, obwohl allein das Bauern in vielen afrikanischen Ländern bei der Vermarktung ihrer Produkte sehr geholfen hat. Auf eine Sim- Karte wartet ein Äthiopier im schlechtesten Fall länger als ein Jahr.

Äthiopien ist von einer Demokratisierung weit entfernt. Zwar hat der Premierminister im vergangenen Jahr mehrfach gesagt, er wolle 2010 nicht mehr antreten. Doch kann als sicher gelten, dass Meles Zenawi 2010 seine vierte Amtszeit als Premier antreten wird. Seinen Informationsminister ließ er in einer regierungsnahen Zeitung klarstellen, Meles sei ein „Parteisoldat“, und die Partei sei nicht der Meinung, „dass der Premierminister seinen Job erledigt hat“.

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