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Eine Mutter läuft mit ihrer Tochter an der Hand die Straße entlang.

© ddp

BGH-Urteil: Alleinerziehend in Vollzeit

Ein Urteil des Bundesgerichtshof erhöht den Druck auf Alleinerziehende, Vollzeit zu arbeiten. Doch die beruflichen Nachteile für Alleinerziehende ließen sich durch ein bisschen Unterhalt ohnehin nicht ausgleichen.

Kinder erziehen und arbeiten: wer beides tut und dabei ohne Partner ist, hat es oft schwer. Es gibt zu wenig Ganztagsbetreuungsplätze, und selbst wenn es sie gibt, ist die Definition der Kindergärten und Schulen von „ganztags“ oft eine andere als die in der Berufswelt. Wenn der Kindergarten um 16 Uhr schließt, heißt es spätestens um 15:30 Uhr nach Hause gehen – zu einer Zeit, in der in vielen Büros am meisten los ist.

Dazu kommen Fehlzeiten durch Arztbesuche, Schulfeste, Ferienschließzeiten - und manchmal spielen auch die Kinder nicht mit und haben Sehnsucht nach mehr Zeit zu Hause. Dort warten dann noch Waschen, Kochen, Putzen, Aufräumen. Und falls die Alleinerziehenden nach Job und Kind noch etwas anderes machen wollen, wird ein Babysitter benötigt oder ein Freunde-Großeltern-Netzwerk.

Mit einem solchen Leben kann man durchaus glücklich sein. Karriere machen kann man unter diesen Bedingungen aber nicht so gut und viel verdienen auch nicht. Die meisten Alleinerziehenden arbeiten in Teilzeit, weil es nicht anders geht. Der getrennt lebende Ex-Partner hat keinen Karriereknick zu befürchten, er kann arbeiten, so viel er will und abends soziale und berufliche Kontakte pflegen, sein Anteil an der Kinderziehung besteht – zumindest formal - in der Zahlung von Unterhalt.

Seit der Reform des Scheidungs- und Unterhaltsrechts im Jahr 2008 gilt dieser Unterhalt nur noch dem Kind, lediglich in den ersten drei Lebensjahren des Kindes kann der betreuende Elternteil auch Unterhalt für sich selbst fordern. Übergangsfristen waren aber bisher möglich.

Jetzt hat der Bundesgerichtshof die Regelungen noch einmal verschärft und einem Mann Recht gegeben, der seiner Ex-Frau keinen Unterhalt mehr zahlen wollte. Die Mutter, die ein Grundschulkind betreut, muss nun beweisen, dass eine Vollzeittätigkeit für sie unzumutbar ist. In der Sache mag das sogar richtig sein: Durch ein bisschen Unterhalt lassen sich die beruflichen Nachteile, die Alleinerziehende in Teilzeitstellen erleben, ohnehin nicht ausgleichen. Bessere Kinderbetreuung, die Möglichkeit, die getrennt lebenden Partner stärker zeitlich in die Pflicht zu nehmen und eine familienfreundlichere Arbeitswelt für alle wären hilfreicher.

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