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Rund 700 Gäste aus dem deutschen und internationalen Hochadel sind zur Hohenzollern-Hochzeit in der prachtvollen Umgebung von Sanssouci geladen.

© dpa

Gastkommentar: Aktuelles aus der Vergangenheit

Beim Schauen der Preußen-Hochzeit entdeckt Gastautor Christian Elsen bei sich selbst eine Sehnsucht nach Gestern. Und denkt da ganz besonders an einen gerade verstorbenen adligen Christen.

In Berlin spielt die Musik, manchmal sogar Dirk Nowitzki und ins Olympiastadion kommt bald der Heilige Vater. Das Internet bewegt die weltweiten Bilder zu uns nach Hause - keine Grenzen - heute aber schaue ich den regionalen RBB, denn der etwas depressive Fernsehsender überträgt gerade die royale Hochzeit in Potsdam. Das riecht nach Geschichte, nach Guido Knopp oder Rolf Seelmann-Eggebert und Letzterer begrüßt den Zuschauer mit seinen 74 Jahren noch sehr elegant. Nun geht es rückwärts. Der ehemalige Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg tröstet uns mit aktuellen Bildern aus der Vergangenheit. 

Der Sender liefert uns etwas Glanz und ein wenig Gloria: klerikale Hochgenüsse, Pferdekutschen in Schloss Sanssouci und geschmückte Altare, Damen in langen Kleidern mit passenden Hüten,  Herren im Cut und Zylinder, die aussehen, als wüssten sie, was sie tun. 

Ohne die Veränderungen der letzten 93 Jahre wäre dies also die kaiserliche Hochzeit in der Friedenskirche in Potsdam. Im Fernsehen sieht es aus, als wäre die Welt in Ordnung und als wüsste jeder, wo sein Platz ist. Welch ein Genuss, endlich einmal Antworten, keine Fragen. Für einen kurzen Moment sind die schrecklichen Bilder aus Libyen, aus Japan, aus dem nahen Osten und aus Afghanistan vergessen. 

Auch die Sorgen um unseren schönen Euro und die müden Gesichter unserer ratlosen Staatsoberhäupter verfliegen. Dann meldet sich Papst Benedikt XVI zu Wort, der Abt verliest ein Schreiben des Staatsoberhaupts des Vatikan an das „hohe Brautpaar“. Seine Liebe zur Tradition geht sehr weit, das Gestern wird zur Ewigkeit, er begrüßt „seine königliche Hoheit“ und „Ihre Durchlaucht“.

Mir jedenfalls fehlen die Worte und ich entdecke auch eine Sehnsucht nach gestern in mir, nach einem Christen aus einem altem Adelsgeschlecht, der für diese Anrede sicher eine zeitgemäße Übersetzung gefunden hätte: Bernhard-Victor Christoph Carl von Bülow alias Loriot.

Ich bekomme Angst, dass es bei der Hochzeit im RBB keine Pointe geben wird, schalte den Fernseher lieber ab und streichele unseren Mops.

Der Autor ist Unternehmer und war Mitgründer des Fernsehsenders Phoenix. 

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