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Matthias Kalle rät dem ZDF Jan Böhmermann eine Talkshow zu geben und Markus Lanz zu entlasten.

© dpa

Kolumne "Ich habe verstanden": Das ZDF muss sich weiterentwickeln

Jörg Pilawa verlässt das ZDF und keiner hält ihn auf. Eine kleine Veränderung, die dem Sender gut tun könnte - aber es müsste noch mehr passieren, meint unser Kolumnist Matthias Kalle. Er rät auf Persönlichkeiten wie Jan Böhmermann oder Katrin Bauerfeind zu setzen.

Liebe Gebührenzahlerinnen, liebe Gebührenzahler, wundern Sie sich auch so über das ZDF und denken klammheimlich: Na, wenn das da in Mainz so weiter geht, dann zahl ich aber wirklich gerne? Na ja, wahrscheinlich nicht, noch nicht, aber wer weiß. Jedenfalls war das ZDF in den vergangenen Tagen für einige sehr gute Nachrichten verantwortlich, jedenfalls aus Sicht der Fernsehzuschauer: Es ging damit los, dass man offenbar erkannt zu haben schien, dass es sich bei Jörg Pilawa um einen Moderator mit begrenzten Möglichkeiten handelt. Man hörte ja so was wie „Erwartungen nicht erfüllt“, obwohl man sich da natürlich auch fragen muss, wer denn eigentlich welche Erwartungen hatte. Aber immerhin nahm man ihm die Moderation der großen ZDF-Jubiläumssendung weg, trat ein bisschen nach, und wird ihn mehr oder weniger ohne besondere Ehren zur ARD zurückschicken, wo die Verantwortlichen wohl festgestellt haben, dass Kai Pflaume und Eckhard von Hirschhausen es noch weniger können.

Und dann sendet das ZDF also tatsächlich „Lerchenberg“, diese seltene Perle einer selbstironischen, handwerklich gut gemachten, den Zuschauer nicht unterfordernden Serie, deren Entstehungsgeschichte allein auch eine Mini-Serie wert wäre. Gerüchten zufolge soll ZDF-Intendant Thomas Bellut das „Okay“ für „Lerchenberg“ ohne Kenntnis des Inhalts gegeben haben – eine neue Art des Vertrauens in die ja doch tatsächlich sehr guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Redaktion des „Kleinen Fernsehspiels“.

Ein neuer Geist innerhalb des ZDF? Und falls dem so sei: Wo führt das noch hin? In die Erkenntnis, dass es „Wetten, dass...?“ dann auch hinter sich hat, und man vielleicht doch eher versuchen sollte mit dem Geld, das man für Jörg Pilawa einspart, Joko und Klaas von Pro 7 zurückzuholen und mit ihnen und ihrem Team gemeinsam die Samstagabendunterhaltung zu revolutionieren? Schaut man im „großen“ Sender jetzt vielleicht doch mal genauer auf das, was man in den „kleinen“ Digitalsendern an vielversprechenden Inhalten hat? Redet endlich mal jemand mit Manuel Möglich, der mit „Wild Germany“ ein sehr kluges, sehr genaues, sehr neues Reportageformat etabliert hat? Setzt man sich bald mal mit Katrin Bauerfeind zusammen, um der Frau ein Format zu geben, das weder sie noch den Zuschauer unterfordert? Könnte man nicht Markus Lanz entlasten, indem an zwei Abenden der Woche Jan Böhmermann eine Talkshow bekommt?

Wenn man all das mal machen möchte, dann bitte jetzt, denn durch den Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ steht das Zweite Deutsche Fernsehen gerade da wie eine eins. Auch hier gilt übrigens, was ich vergangene Woche bereits geschrieben habe: Ich habe den Dreiteiler wie jeder andere Zuschauer gesehen, nicht vorab, vorab habe ich mich nur darüber gewundert, wie der Produzent Nico Hofmann gefeiert wurde, nur weil der nach Jahren des Stumpfsinns nun auch gemerkt hat, wie man gutes Fernsehen macht.

Wobei ich den Verdacht nicht loswerde, dass all das Lob nicht Hofmann, sondern vor allem dem grandiosen Drehbuchautor Stefan Kolditz gebührt – und natürlich dem Regisseur Philipp Kadelbach, der aus allen Schauspielern das Maximum herausgeholt hat, allen voran aus Volker Bruch, von dem viele noch gar nicht wussten, was wir mit dem für ein Kaliber haben. Und einmal stimmt alles, was die Kollegen schreiben: Diese Serie ist eine Zumutung, eine Sensation – für uns Zuschauer und auch für das ZDF.

Wer natürlich alles wieder anders, also falsch, sieht, sind die Boulevardexperten von „Spiegel Online“, die sich zunächst in bester „Bild“-Manier darüber entrüsten, dass jeder Gebührenzahler am Tag 15 Cent für das ZDF bezahlt, um dann allen ernstes zu fordern, dass die Übertragung der „Champions League“ bei „den Privaten besser aufgehoben“ sei. Herrje – genau. Wegen dieser schlimmen „Champions League“ fiel auch das Lieblingsprogramm der „Spiegel Online“-Menschen ein paar Mal aus, nämlich „Frontal 21“, dass die dann auch irrigerweise als „Politmagazin“ benannt haben.

Aber na ja. Wenn es denn so einfach wäre mit dem Fernsehen, dann könnte es ja jeder.

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