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Am Mittwoch appellierte die "Frankfurter Rundschau" an die Treue der Leser.

© rtr

Kolumne "Ich habe verstanden": Die Zukunft des Lesens

Wer hätte es gedacht: Matthias Kalle liest den Tagesspiegel und die Zeit. Gedruckt. Und hier erklärt er, warum er das tut - und warum er das auch in Zukunft noch tun wird.

Was mich auch immer in stille Verzweiflung treibt: wenn ich mitbekomme, was Menschen so alles lesen. Hui, denke ich dann immer, huihuihui, die lesen ja Sachen von denen ich nicht mal wissen wollte, dass es sie überhaupt gibt.

Ich rede jetzt natürlich von: Kollegen. Also von Menschen, die sich – weil das ja jeder darf – Journalisten nennen und einem immer (teilweise ungefragt) aufzählen, was sie alles so am Tag weglesen. Da sind dann irre viele ausländische Magazine bei, Blogs natürlich, Internetzeugs, von den meisten Sachen habe ich noch nie gehört. Manchmal bekomme ich Leserbriefe, in denen ich darum gebeten werde aufzuzählen, was ich so lese, wie ich mich informiere.

Ich meine das gar nicht böse, aber ich kann das einfach nicht beantworten. Zum einen, weil es furchtbar langweilig wäre, zum anderen, weil ich nicht glaube, dass so eine Liste einen Empfehlungscharakter hätte. Hier kommt wieder eine meiner oft übersehenen Eigenschaften zum Tragen: die Bescheidenheit.

Ich mache jetzt mal kurz eine Ausnahme, die aber einen guten Grund hat, nämlich das Vorankommen dieser Kolumne. Also: Neben dem „Tagesspiegel“ lese ich „Die Zeit“, und das schreibe ich jetzt nicht, weil mich beide Blätter bezahlen, ich bin nämlich nicht käuflich.

Und in der aktuellen „Zeit“ ist ein großes Gespräch zwischen den beiden Verlegern Helge Malchow von Kiepenheuer & Witsch und Michael Krüger von Hansa und der Autorin Juli Zeh. Es geht in dem Gespräch um die Zukunft des Lesens, also darum, ob zum Beispiel E-Books das Buch ablösen werden. Es geht aber auch darum, wie sich der Buchmarkt insgesamt verändert hat und verändern wird, wie sich das Lesen verändert hat und verändern wird und auch das Schreiben.

Ich möchte an dieser Stelle das Lesen dieses Interviews unbedingt empfehlen, unter anderem auch deshalb, weil ich das dann hier nicht zusammenfassen muss, obwohl man mir auch folgen kann, wenn man das Interview nicht gelesen hat, aber eine der guten Nachrichten aus diesem Gespräch lauten: Wir drucken weiter.

Als ich vor Kurzem das Vergnügen hatte, beim Tag der offenen Tür des Tagesspiegels eine Veranstaltung mit Joachim Huber zu machen, hörten wir mit Freude die Bitte der Leser, dass man doch auch in Zukunft das, was man Online stellt, am nächsten Tag auch im Blatt haben sollte (was ja auch wirklich so gemacht wird, nur komischerweise immer noch nicht mit dieser Kolumne). Um einmal kurz persönlich zu werden: Für jemanden, der sein ganzes Leben nur für Printprodukte gearbeitet hat und auch nie etwas anderes vorhat (bis auf diese kleine Kolumne, aber vielleicht schaffe ich es ja noch...), ging das runter wie Druckerschwärze.

Und dann kamen diese Woche zwei Meldungen: Die „Frankfurter Rundschau“ ist insolvent und das Stadtmagazin „Prinz“ wird es auf Papier nicht mehr geben. Jetzt gibt es natürlich ganz Schlaue, die sagen, dass es bessere Tageszeitungen als die „Rundschau“ geben würde und auch bessere Stadtmagazine – aber darum geht es nicht.

Es geht um ein Gefühl, ein Gefühl, dass etwas losgehen könnte, dass etwas enden könnte. Die „Rundschau“ wurde kurz nach den Krieg gegründet, sie gehört zu den großen überregionalen Tageszeitungen in Deutschland, und wenn es so etwas nicht mehr gibt, dann könnten einige auf die Idee kommen, dass es so etwas ähnliches auch nicht mehr zwingend geben müsste – bei Stadtmagazinen gibt es diese Diskussion auch schon länger, ich weiß, wovon ich rede

Manchmal denke ich, dass ich kein Fan der Marktwirtschaft bin, denn im Prinzip will ich alles, was es so am Kiosk gibt, behalten, ich will, dass es bleibt. Und ich denke mir, wenn diese ganzen Menschen, die ich eingangs erwähnt habe, gerade so viele Sachen lesen, dann könnten sie doch auch mal was lesen, um es zu erhalten. Vorher aber bitte kaufen. Doch das ist eine andere Diskussion.

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