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Laut einer Studie war bereits jeder dritte Jugendliche Opfer von Cyber-Mobbing.

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Leserdebatte: Selbstmord nach Cyber-Mobbing in Kanada: Gerechtigkeit durch Druck aus dem Netz?

Nachdem tausende Menschen im Internet massiv dafür mobilisiert haben, wird das Verfahren gegen die mutmaßlichen Vergewaltiger einer 15-jährigen Kanadierin wieder aufgerollt. Liebe Leserinnen und Leser, ist das gelebte Netzdemokratie oder unzulässiger Druck auf die Justiz? Diskutieren Sie mit!

Es war ein Tag im November 2011, der das Leben der damals 15-Jährigen Rehtaeh Parsons grundlegend verändern sollte: Nach Aussagen ihrer Mutter wurde die junge Kanadierin bei einem Partybesuch von vier jungen Männern vergewaltigt. Einer der mutmaßlichen Täter, selbst noch Schüler, stellte danach ein Foto der Tat ins Internet und verteilte es im Wohnort und an der Schule des Mädchens. "Dieser Tag hat das Leben unserer Familie für immer verändert" schreibt die Mutter auf ihrer Facebook-Seite. Ihre Tochter sei fortan von Mitschülern und Bekannten als "Hure" beschimpft worden. Freunde hätten sich von ihr abgewendet. Rehtaeh Parsons wurde depressiv, verließ ihren Heimatort und wechselte die Schule. Genützt hat das alles nichts: Anderthalb Jahre später nimmt sich Parsons im Badezimmer ihrer Eltern das Leben. 

Der Fall sorgte für großes Aufsehen, weil die kanadische Polizei das Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßlichen Vergewaltiger aus Mangel an Beweisen eingestellte. An Abend der Tat sei viel Alkohol konsumiert worden, außerdem habe es zu viele unterschiedliche Zeugenaussagen gegeben, sagte ein Polizeisprecher gegenüber kanadischen Medien.

Ebenfalls durch Cyber-Mobbing in den Selbstmord getrieben: Die 15jährige Amanda Todd.

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Im Internet entwickelte sich daraufhin ein Proteststurm: Die Internetaktivisten von "Anonymous" drohten damit, die Namen der mutmaßlichen Täter im Netz zu veröffentlichen, sollten die Ermittlungen nicht wieder aufgenommen werden. Eine Zusammenarbeit mit den Hackern lehnte die Polizei jedoch ab: Gegenüber dem kanadischen Nachrichtenportal Cnews wies ein Sprecher darauf hin, dass man zwar generell offen sei für eine Zusammenarbeit mit der Bevölkerung. Vorraussetzung dafür sei allerdings, dass die Hacker ihre Masken abnehmen - "aber ich glaube nicht, dass sie bereit sind". Gleichzeitig forderten über 10.000 Menschen in einer Online-Petition die Regierung dazu auf, in diesem Fall aktiv zu werden. Hier offensichtlich mit Erfolg: Der Fall soll nun doch neu aufgerollt werden. Es lägen nun zudem neue, glaubwürdigere Hinweise zur Tat vor. Während die Rufe nach Selbstjustiz im Internet stärker wurden, bat Parsons Mutter im Fernsehen um Zurückhaltung.

Der Vorfall weckt Erinnerungen an den Suizid der 15-Jährigen Amanda Todd. Die junge Kanadierin hatte sich im Oktober 2012 ebenfalls das Leben genommen, nachdem ein anonymer Chatpartner Nacktbilder von ihr ins Netz gestellt hatte. Auch hier veröffentlichte "Anonymous" später Einzelheiten über die Tat.

Liebe Leserinnen und Leser, was denken Sie über das Verhalten der Internetaktivisten? Wurde hier Gerechtigkeit durch gelebte Netzdemokratie erwirkt? Oder handelt es sich bei der Drohung von "Anonymous" um unzulässige Selbstjustiz? Welche Chancen und Risiken ergeben sich in Bezug auf Protestbewegungen im Netz? Diskutieren Sie mit!

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