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Arm und reich: Das ist Deutschland

Arme werden immer ärmer und Reiche immer reicher. Jeder Vierte in Deutschland ist von Armut betroffen oder bedroht. Doch das sind nicht wie stets behauptet Renter, sondern Familien. Wäre doch mal ein ausgezeichnetes Thema für den Wahlkampf, meint Antje Sirlechtov.

Von Antje Sirleschtov

Als die damalige Sozialministerin Ulla Schmidt im März 2005 den letzten Armuts- und Reichtumsbericht vorlegte, war der Aufschrei enorm. Nie zuvor klaffte eine solch große Lücke zwischen den Armen in Deutschland und den Reichen. Und das alles nach sieben sozialdemokratischen Regierungsjahren. Was folgte, ist bekannt: Gerhard Schröder wurde seine Hartz-Reform um die Ohren gehauen, ein paar Monate später wählten sich die Deutschen eine neue Regierung.

Pünktlich auf der Zielgerade dieser Regierung liegt nun wieder ein solcher statistischer Bericht zum sozialen Zustand der Nation vor. Und was sagt uns das Tabellenwerk über drei Jahre großkoalitionärer Regierung unter Angela Merkel?

Noch immer zählt man jeden achten Deutschen zur Gruppe der Armen. Nach wie vor sind es Familien und nicht Rentner, die davon in erster Linie betroffen sind. Und die Reichen, auch das eine Konstante, mehren inzwischen ihr Vermögen. Rein mathematisch also scheint die gemeinsame Regentschaft von Union und SPD kaum etwas verändert zu haben am sozialen Zustand des Landes. Ein Befund, der wohl auch die Gefühlslage treffend beschreibt: Der große Aufschwung hat zwar Arbeit für viele, aber nicht unbedingt mehr Wohlstand für alle gebracht.

Nun nähert sich das Land der nächsten Bundestagswahl. Und es bedarf angesichts der Heftigkeit, mit der schon jetzt über Steuersenkungen, Reichenabgaben und Haushaltssanierung gestritten wird, keiner allzu großen prophetischen Kräfte, um sagen zu können: Im Herbst 2009 werden die Wähler auch darüber abstimmen, welche Lehren die Parteien aus dem nun vorliegenden Bericht gezogen haben.

Vor allem für die Partner der großen Koalition ist das eine Herausforderung. Weil gerade jetzt im Steuerstreit wieder deutlich wird, wie groß die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Volksparteien sind und wie unversöhnlich sie zum Teil erscheinen.

Aber daraus erwächst auch eine Chance. Denn wo man sich positioniert, wird man unterscheidbar vom politischen Gegner, gewinnt eigenes Profil. Und damit etwas, das beiden Regierungslagern in der großen Koalition fehlt und was zu einer Ursache für Politikverdrossenheit geworden ist. Die ja nicht abnimmt, seit SPD und Union gemeinschaftlich die Mehrwertsteuer angehoben, die Rentenformel außer Kraft gesetzt, Steuererleichterungen abgelehnt und die Diäten angehoben haben.

Die wichtigen Fragen des sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft liegen auch weiterhin auf dem Tisch. Die Aufteilung von privaten und staatlichen Aufgaben und die Verteilung des Geldes dafür. Gerechtigkeit bei der Finanzierung öffentlicher Aufgaben und die Frage, wer Zugang zu den Leistungen erhält. Und über allem die Globalisierung mit ihren Veränderungen. Genug Raum also für Lösungen und Antworten der Parteien, die ab 2009 dieses Land regieren wollen.

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