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Atomendlager: Bis nichts mehr zu holen ist

Die Bergung des Atommülls aus der Asse wird verschleppt

Jahrelang haben die Bürgerinitiativen rund um das marode Atomendlager Asse darum gekämpft, dass nicht nur Bergrecht, sondern auch Atomrecht gelten soll. Sie hatten Grund dazu, schließlich wurde ein löchriger Salzstock mit radioaktivem Müll gefüllt, strahlende Lauge, wurde ohne Genehmigung in tiefere Schichten gebracht, und vor allem wurde es so schlampig geführt, dass heute niemand ganz genau weiß, was dort eigentlich lagert. Die Bürger wollten an den Entscheidungen beteiligt werden. Das sind sie jetzt.

Aber die Bürger haben sich damit Genehmigungsverfahren erkauft, die aus ihren schlimmsten Albträumen stammen. Der neue Betreiber, das Bundesamt für Strahlenschutz, will sich Klarheit darüber verschaffen, in welchem Zustand der Atommüll im einstmals sogenannten Forschungsendlager ist. Dazu sollen zwei Einlagerungskammern angebohrt und Proben gezogen werden. Klingt einfach, ist es aber schon technisch nicht. Um Mitarbeiter nicht zu gefährden, wird der Bohrer ferngesteuert werden müssen.

Zu den technischen Problemen kommt die Bürokratie: das niedersächsische Umweltministerium als atomrechtliche Genehmigungsbehörde, das zuständige Bergamt, die Wasserbehörden. Weil in der Asse in den 30 Jahren zuvor vieles nicht genehmigt war oder ziemlich bedenkenlos genehmigt wurde, will jetzt keiner mehr Fehler machen. Allerdings drängt sich der Verdacht auf, dass die neue behördliche Gründlichkeit nicht nur mit Reue zu tun hat. Je langsamer die Schritte bis zur Bergung des Atommülls stattfinden, desto höher ist das Risiko, dass das Endlager vorher absäuft. Dann bleiben nur noch Notmaßnahmen wie etwa die Flutung mit einer Salzlösung, die den Zerfall zumindest etwas aufhalten soll. Das ist das „Schließungskonzept“ des früheren Betreibers, und das wollten die niedersächsischen Behörden schon einmal genehmigen. Aber auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) dürfte kaum Interesse an einer schnellen Bestandsaufnahme haben. Niemand will Bilder sehen, wie der strahlende Müll aus dem Salzstock geklaubt wird. Und dann bräuchte man dafür ein Zwischenlager und später ein Endlager. Es will aber auch niemand offen sagen, dass er gar keine Rückholung des Mülls aus der Asse will. Die Strategie lautet: aussitzen. Schon die Genehmigungsanträge für die Bohrungen waren 1000 Seiten lang. Den Behörden sind viele zeitraubende Auflagen eingefallen. Auf diese Art lässt sich das Problem verschleppen, bis im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr zu holen ist. Und keiner war richtig schuld. Politisch gesehen die ideale Lösung – aber auch der letzte große Vertrauensbruch.

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