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Frank Jansen

© Mike Wolff

Auf den Punkt: Deutschland ist wie die Schweiz

Frank Jansen zur Minarett-Abstimmung.

Von Frank Jansen

Man könnte es sich leicht machen und über ein Votum geistiger Hinterwäldler spotten. Das mehrheitliche Nein in der Schweiz zum Bau von Minaretten wirkt provinziell und nährt Kritik an helvetischer Fremdenfeindlichkeit. Doch so einfach können es sich die anderen Europäer nicht machen, auch und gerade die Deutschen nicht. Die Angst vor der Islamisierung der Gesellschaft, die der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach nach dem Schweizer Votum vielen Deutschen bescheinigt, ist ein reales Phänomen - so wirr es sich auch äußern mag.

Da wird „der Islam“ pauschal als eine besonders aggressive Bedrohung empfunden, erst recht seit den Anschlägen vom 11. September 2001. Die Ängste wachsen mit jeder weiteren Drohung, die al Qaida gegen Deutschland und Deutsche im Ausland ausstößt. Und mit jedem Anschlag auf die Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan nimmt die Sorge zu, demnächst könnten Selbstmordattentäter auch in Berlin, Hamburg, Frankfurt, München oder anderswo ein Blutbad anrichten. Diese Gefahr ist leider Alltag - im Juli 2006 sind die von Islamisten in zwei Regionalzügen deponierten Kofferbomben nur dank eines technischen Defekts nicht explodiert. Doch es ist nicht allein der Terror, der vielen Deutschen den Islam unheimlich erscheinen lässt.

Obwohl nur ein Bruchteil der Muslime in der Bundesrepublik religiösem Fanatismus anhängt, wird ihre Propaganda so laut und bedrohlich wahrgenommen, weil von den islamischen Gemeinschaften so wenig Widerspruch zu hören ist. Als bekannt wurde, dass die Kofferbomber Deutschland bestrafen wollten, weil Zeitungen, darunter auch der Tagesspiegel, einige der dänischen Mohammed-Karikaturen nachgedruckt hatten, blieben die meisten Muslime still. Kaum jemand nahm das Land in Schutz, in dem man lebt, oft schon lange. Erregung kann jedoch per Knopfdruck ausgelöst werden, wenn Schulen darauf dringen, muslimische Mädchen müssten sich genauso am Sportunterricht beteiligen wie ihre nicht-muslimischen Klassenkameradinnen.

Solche Signale verunsichern selbst Liberale. Sie allerdings müssen sich fragen lassen, ob genug getan wird, um pauschalen antiislamischen, oft rassistisch grundierten Ressentiments entgegenzuwirken, die bei vielen Muslimen Trotzreflexe auslösen - und Radikalisierungsprozesse verstärken können. Es ist zu befürchten, dass die Angst vor „dem Islam“ noch zunimmt und das Zusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen, trotz positiver Beispiele, die beachtlich sind, eher schwieriger wird. Und dass eine Abstimmung über den Bau von Minaretten auch in der Bundesrepublik ähnlich ausgehen würde wie in der Schweiz.

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