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Dagmar_Rosenfeld

© Mike Wolff

Auf den Punkt: Ei, ei, ei, verboten

Dagmar Rosenfeld zum geplanten Verbot des Überraschungseis

Deutsche Politiker sind verantwortungsbewusste Menschen. Bei fast allem was sie im Hier und Jetzt entscheiden, denken sie auch immer gleich an die künftigen Generationen. Der Finanzminister spart auf einen ausgeglichenen Haushalt, damit die nachfolgenden Generationen nicht auf einem Schuldenberg sitzen bleiben. Die Bundesregierung verfolgt ambitionierte Klimaziele, damit die nachfolgenden Generationen nicht im Wüstensand untergehen. Es geht der Politik darum, unseren Kindern eine bessere Welt zu hinterlassen. Sie werden voraussichtlich trotzdem mit Schuldenberg und Klimawandel leben müssen, womöglich aber ohne "Spiel, Spaß und Spannung". Denn Deutschlands Politiker wollen das Überraschungsei verbieten, wegen des zu großen Sicherheitsrisikos.

Veraltete Atomkraftwerke, radikale Islamisten, zu hohe Uranwerte im Trinkwasser - passt alles in die Kategorie Sicherheitsrisiko. Zur Not auch Wolfgang Clement. Der ist für die SPD offenbar ein Sicherheitsrisiko und deswegen will sie ihn verbieten. Aber ein Schokoladenei, ein Sicherheitsrisiko?

Miriam Gruß, Mitglied der Kinderkommission des Deutschen Bundestags, sagt: "Kinder unterscheiden nicht zwischen Spielzeug und Nahrungsmittel." Daher seien auch Überraschungseier gefährlich. Dass Kinder in Deutschland mitunter dumm wie Stulle sein können, das hat Pisa gezeigt. Dass sie aber nicht in der Lage sind, die braune Schokolade von dem gelben Plastikbehälter im Inneren des Ü-Eis zu unterscheiden, darf bezweifelt werden. Zumal die Bundestagskommission keine Unfallzahlen vorlegen kann, wie häufig es in den fast 35 Jahren, die es das Überraschungsei nun gibt, vorgekommen ist, dass Kinder sich verletzt haben, weil sie die Plastikteile verschluckt haben.

In ärztlichen Ratgebern ist zwar zu lesen, dass Kinder bis zu drei Jahren am häufigsten Fremdkörper wie Spielzeugteile, Münzen, Murmeln, Perlen, und Knöpfe verschlucken, die im Haushalt oder Kinderzimmer rumliegen. "Auch bei Schulkindern landen gelegentlich noch Reißzwecken oder Nadeln im Bauch", heißt es. Allerdings sind Nadeln und Reißzwecken eher selten in Überraschungseiern zu finden. Und was Kleinstkinder betrifft, so sind noch keine Unter-Dreijährigen gesichtet worden, die alleine in der Supermarktschlange stehen, um sich ein Überraschungsei zu kaufen. Das machen immer noch ihre Eltern - und denen sollte durchaus zuzutrauen sein, dass sie ihrem Kind nicht unbeaufsichtigt die kleinen Plastikteile in die Hand drücken und sagen: "Jetzt geh mal schön spielen."

Außerdem liegen die Plastikteile nicht lose in dem Schokoladenei-Inneren, sondern sind in einer gelben Plastikkugel. Die ist selbst für Erwachsene nur schwer zu öffnen, ohne dass sich der Inhalt in sämtliche Himmelsrichtungen verteilt. Ach ja, und die gelbe Plastikkugel ist so groß, dass es selbst dem breitesten Kindermund nicht gelingen wird, sie in Gänze hinunterzuschlucken.

So lange also der Hersteller Ferrero keine Reißzwecken und Nadeln in die Überraschungseier packt, gibt es keinen wirklich guten Grund für ein Verbot. Eine Welt mit Schuldenberg und Klimawandel bleibt mit Überraschungsei immer noch ein klein wenig schöner als ohne - für jetzige und für künftige Generationen.

Dagmar Rosenfeld

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