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Werner van Bebber

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Getrennt marschieren

Werner van Bebber über das rot-rote Projekt

Im Berliner Abgeordnetenhaus geht der Groll um. Drei Volksvertreter hatten oder haben Probleme mit den Parteien, für die sie in den Wahlkampf gezogen sind. Eine SPD-Hinterbänklerin ging vergangene Woche zu den Grünen - jetzt wechselt eine Grüne zur SPD. Das sagt einiges über die Beziehungen zwischen den beiden Parteien aus, die doch immer noch gerne so tun, als seien sie füreinander die Traumpartner bei allen anstehenden Regierungsbildungen.

Nur vordergründig ist nun alles wieder so, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit mit ruhiger Hand und ohne Ehrgeiz weiter regieren kann. Die Mehrheit, die ihm und der rot-roten Koalition bisher gereicht hat, mag immer eine disziplinierend knappe Mehrheit gewesen sein. Jetzt ist sie auch noch wackelig. Das hat zum einen damit zu tun, dass so ein Fraktions- und Parteiwechsel immer auch menschliche Komponenten hat: Mancher - oder manche - kommt nicht dort an, wo er sich partei- und fraktionspolitisch schon sieht.

Der andere Punkt hat einen Namen und heißt Carl Wechselberg. Zwei Jahre lang will der Linkspolitiker, der sich in der Linkspartei nicht mehr wohl fühlt, das rot-rote Projekt sozusagen gegen seine politischen Gefühle mittragen. Da hat er sich viel vorgenommen. Er gibt den fast staatsmännischen Stoiker, während um ihn herum die ein oder andere Abgeordnete aus hochschießenden Emotionen heraus die Karriere des amüsantesten Regierenden Bürgermeisters der Nachkriegszeit beschädigt.

Ob Wechselbergs Stoizismus die nächste Hassattacke seines obersten Vormannes Oskar Lafontaine auf die SPD übersteht, wird sich erweisen müssen. Und wie das mit „Projekten“ so ist: Da wird viel hineinprojiziert. Was wird aus Wechselberg, wenn das rot-rote Projekt seinen letzten Sinnesrest verliert, weil der obersten Projektmanager Wowereit weniger am Projekt „Die gerechte Metropole“ (jedenfalls nach sozialdemokratischer Definition) als an seiner Karriere in der Bundespolitik arbeitet?

Eine Menge Druck hat sich in den vergangen Wochen aufgebaut. Der Druck auf Rot-Rot hat zugenommen, was vielleicht damit zu tun hat, dass dieses Bündnis selbst so wenig druckvoll wirkt. Nichts spricht dafür, dass der Druck auf Rot-Rot in den kommenden Monaten nachlässt.

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