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Auf den Punkt: Größtmögliche Blamage

Henrik Mortsiefer über Angela Merkel und das Opel-Drama

Der frenetische Applaus der US-Senatoren muss Angela Merkel (CDU) noch in den Ohren geklungen haben, als sie die Nachricht aus Detroit empfing: General Motors will Opel nun doch nicht verkaufen. „Very moving“, sehr bewegend, muss der Moment für die Kanzlerin gewesen sein. Oder hatte sie schon mit US-Präsident Barack Obama über Opels Zukunft gesprochen? Klar war in diesem Augenblick so oder so: Nicht ihre beeindruckende Rede vor dem US-Kongress würde die Nachrichten in Deutschland beherrschen, sondern Merkels größtmögliche Blamage im transatlantischen Opel-Drama.

Monate und Monate der Spekulation, des Wartens und der langen Verhandlungen sind über Nacht Makulatur geworden. Der hart errungene und für den deutschen Steuerzahler teure Kompromiss ist nichts mehr wert. Magna und seine Partner sind raus, die Arbeitnehmer brüskiert, die Bundesregierung steht im Regen. Offiziell. Was hinter den Kulissen in Washington tatsächlich besprochen wurde, würde man am Tag danach gerne genauer wissen. Schwer vorstellbar jedenfalls, dass Merkel und Obama – wenige Stunden vor der dramatischen GM-Entscheidung - nicht über Opel sprachen. Ist nicht die US-Regierung mit 60 Prozent Eigentümer des Autokonzerns?

Der Autobauer fühlt sich nach überwundener Insolvenz und einem vergleichsweise guten Monat wieder so stark, dass den Opelanern in den deutschen Werken angst und bange wird. „Reinvention“ lautet die Botschaft – neu erfinden will sich der US-Konzern. Und Opel soll die Energie liefern, die Innovationen, die Technologie, am besten noch den Markt und die Menschen, die die Autos kaufen. Ein schöner, amerikanischer Traum. Damit auch die deutschen Steuerzahler mitträumen, werden Ende des Monats 1,5 Milliarden Euro Überbrückungskredit zurückgezahlt.

Die Schlussrechnung legt GM dann ein paar Wochen später in Berlin auf den Tisch. Der US-Konzern kalkuliert die Opel-Sanierung mit drei Milliarden Euro. Gerne hätte er dafür ein paar Millionen (Milliarden?) Unterstützung der Bundesregierung. Andernfalls müsste er sicher über die Schließung einiger Standorte nachdenken – in Eisenach, Bochum, Kaiserslautern, Antwerpen…

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