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Robert Ide

© Mike Wolff

Auf den Punkt: Nostalgischer Populismus

Robert Ide zum Streit über das, was die DDR war

Die alte Bundesrepublik hatte auch Schwächen, die DDR auch Stärken. So sagt es der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD). Natürlich hat er Recht damit. Eine Stärke der DDR waren zum Beispiel die vielen Menschen, die sich lange in staatsfernen Nischen eingerichtet haben, diese aber irgendwann verließen und mutig auf die Straße gingen, um das politische System abzuschaffen und Deutschland friedlich in die Einheit zu führen.

Beim Vollzug der Einheit lief vieles schief, gerade in dünner besiedelten Flächenländern wie Mecklenburg-Vorpommern fühlen sich eine Menge Menschen abgehängt - wenn sie nicht schon längst in den Westen abgewandert sind. Aber macht das die DDR im Nachhinein besser? Gerade 20 Jahre nach der friedlichen Revolution ist es wichtig, sich zu erinnern, warum die DDR abgeschafft wurde - von vielen Menschen, denen es irgendwann unerträglich wurde, ohne Freiheit zu leben. Denn nichts anderes war die DDR im Kern: ein Unrechtsstaat. Genau das aber stellt der in Nordrhein-Westfalen geborene Sellering in Abrede und fabuliert stattdessen davon, zur DDR habe "immer auch ein Schuss Willkür und Abhängigkeit gehört".

Warum muss sich ein Politiker an der nachträglichen Schönfärberei beteiligen? Ist nicht gerade Aufklärung seine Aufgabe? Statt sich in nostalgischem Populismus zu ergehen, sollte Sellering mit seinen Wählern über die Stärken und Schwächen der heutigen Bundesrepublik diskutieren. So wie es Wolfgang Böhmer in Sachsen-Anhalt getan hat, so wie es Matthias Platzeck in Brandenburg tut: Ohne zu verdrängen, dass die DDR eine eingemauerte Diktatur war. Auch wenn es in Ostdeutschland früher viel richtiges Leben gab - der Staat war ein falscher. Wer als Spitzenpolitiker in Ostdeutschland etwas anderes behauptet, schadet der Demokratie.

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