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Lorenz Maroldt

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Pflügers dünne Haut

Lorenz Maroldt zu Friedbert Pflügers Forderung, Anne Will abzulösen

Gerade noch rechtzeitig bevor jemand die Ablösung von Friedbert Pflüger fordert, fordert Friedbert Pflüger die Ablösung von Anne Will. So kann er ganz nebenbei auch mal darauf hinweisen, dass er nicht nur Fraktionsvorsitzender der großen Berliner CDU ist (nach letzten Meinungsumfragen bei 23 Prozent), sondern auch Rundfunkrat des großen Senders rbb (Anteil an der ARD bei 7 Prozent). Mit Anne Will haben allerdings weder der rbb noch Pflüger oder gar die Berliner CDU etwas zu tun. "Anne Will" ist eine Sendung des NDR. Friedbert Pflüger ist Tempelhof. Für die Frage, ob Anne Will durch Frank Plasberg ersetzt wird, ist Pflügers Stimme ebenso wichtig wie die von Lothar Matthäus für die Aufstellung der Nationalmannschaft.

Der Integrationspolitiker Pflüger hat als Rundfunkrat übrigens gerade neulich erst für das Ende von Radio Multikulti gestimmt. Da war er wirklich gefragt. Und sagte: Man möge die Zustimmung zur Einstellung bitte nicht falsch interpretieren. Da gibt's nichts zu interpretieren. Vielleicht ist er ja nach dem Aus für Tempelhof in eine funktionale Endzeitstimmung geraten. Erstmal ausschalten. Doch selbst dreht er auf, mindestens.

Pflüger wirft Anne Will "Liebedienerei" gegenüber Klaus Wowereit vor, ausgerechnet. Schon verstanden. Und natürlich auch: schon missverstanden. "Propagandistisch" nennt er Will, ihr Journalismus sei "missionarisch-ideologisch", sie "missbraucht ihren privilegierten Sendeplatz und wirbt für eine politische Richtung". Das ist, nun ja, bei aller verständlichen Kritik an Anne Will, nach den Parametern von Friedbert Pflüger: Propaganda.

Pflüger greift Wills Moderationsstil an, weil sie Wowereits Politik erfolgreich nennt. Man muss das nicht so sehen, und wenn man Pflüger heißt, darf man es vielleicht auch nicht. Aber man kann es so sehen. Verboten ist diese Meinung jedenfalls nicht. Pflüger greift auch den "Einspieler" zu Beginn der Sendung an. Darin heißt es: "Kurz darauf (gemeint ist 2001) kommt die rot-rote Koalition, erbt 60 Milliarden Schulden und führt Berlin auf die Erfolgsspur." Tatsache ist, dass Berlin 2001 nicht 60 Milliarden Schulden hatte, sondern etwas weniger als 40 Milliarden. Aber man kann durchaus der Meinung sein, dass der Schuldenanstieg in den ersten Jahren des rot-roten Senats das Erbe des Pflüger-Parteifreundes Diepgen ist. Es ist jedenfalls legitim, das zu behaupten, und es ist sogar gut zu begründen. Pflüger aber spielt sich als Meinungsrichter auf. Er sagt, scheingenerös: "Zuspitzung, auch pointierte und provokative Elemente, sind legitim. Frau Will darf und soll auch eine politische Meinung haben… Aber sie darf nicht falsch informieren. Die Sendung am Sonntag ging klar zu weit."

Das einzige, was hier zu weit geht, ist Pflügers Anmaßung. Sie ist allerdings leicht zu erklären: Politische Not trifft auf dünne Haut. Das tut weh. Da schreit man schon mal auf. Aber das ist auch schon bald wieder vergessen.

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