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Meinung: Auf der Suche

Die FDP kämpft gegen ihr Image als Spaßpartei – ein schweres Stück Arbeit

Von Robert Leicht

Wer sich noch einmal vergewissern will, was der Liberalismus immer noch sein könnte, der lese das jüngste Buch von Ralf Dahrendorf: „Über Grenzen." Wer sich klar machen will, was aus dem Liberalismus nie hätte werden dürfen, der schaue sich die heutige FDP, jedenfalls ihre Spitzenleute, an.

Gut, eine Jahrhundertflut kann man nicht voraussehen. Dass man aber dann, wenn man sich dezidiert als Spaßpartei aufstellt, lächerlich wirkt, sobald der Ernstfall der Politik eintritt (und dass dieser Ernstfall jederzeit unversehens eintreten kann) – das muss jeder seriöse Politiker wissen. Die Schadenfreude haben die überfluteten Spaß- und Staatsmänner von der gelben 18 sich also redlich verdient.

Wenn es wenigstens bei dieser einen Fehlleistung geblieben wäre! Wir wollen jetzt gar nicht mehr über die Populismus-Einlage und über den Zwischenflirt mit dem Antisemitismus reden. Dazu nur dies, weil es zum vorigen Thema gehört: Wenn man sich als Spaßpartei aufstellen will, sollte man es nicht gleichzeitig als Spießerpartei versuchen. Dieses war der zweite Streich, doch der dritte folgt zugleich – nämlich derzeit.

Ursprünglich hatten sich die Westermänner als die einzige Reformpartei in einem Land gebrüstet, in dem im Grunde zwei „sozialdemokratische“ Parteien regieren, nämlich die SPD – und die Union. Die historische Mission der FDP sei es also gewissermaßen, der Union als Koalitionspartner recht ordnungspolitisch den ihr innewohnenden Sozialdemokratismus auszutreiben. Was ja keine Schwierigkeit sein sollte, wenn man sich mit gedachten 18 Prozent einen eigenen Kanzlerkandidaten leisten kann. Dabei übersahen die FDP-Vorleute nur spaßeshalber, dass ihr zwischenzeitlicher demoskopischer Teilaufschwung sich in erster Linie vor allem den vom CDU-Spendenskandal abgestoßenen Wählern der Union verdankte, die bei den Liberalen für eine Weile in Deckung gingen, die nun aber, nachdem sich der Skandal verzogen hat und der Wahlkampf mit seiner Polarisierung heranzieht, zu ihren alten Loyalitäten zurückkehren.

Und so muss nun, hält man sich an die jüngsten Umfragen, die FDP mit der gar nicht so fernen Möglichkeit rechnen, dass sie – anstatt ihr Wahlergebnis von 1998 auf 18 Prozent zu verdreifachen – auch zufrieden sein muss, wenn sie nur um ein Drittel zulegt, von 6,2 Prozent auf 8,3 Prozent. Und deshalb folgt nun eben der dritte Streich!

Denn sollte am 22. September unter dem Strich wirklich nur gerade die Hälfte von dem herauskommen, was Guido Westerwelle sich unter die Schuhsohlen geschrieben hatte, dann steht er vor einem Erklärungsproblem. Und wie könnte er, vor allem wenn es zu einer schwarz-gelben Koalition nicht reichen sollte, diesem Druck besser ausweichen als mit der Auskunft: „Ich habe Euch zwar nicht die zweistelligen Ergebnisse gebracht, aber immerhin die dritte Stelle in einer Ampelkoalition"?

Nur so nämlich kann man es sich erklären, dass sich die FDP mit der letzten Kraft eines Ertrinkenden gegen den Eindruck zu wehren versucht, man sei bereits auf eine bestimmte Koalition festgelegt – ein Dementi, das freilich schon zu dem gekünstelten Image als Kanzlerpartei gehörte. Außerdem ist nun aus der FDP durch ihren Abgeordneten Solms zu hören, dass sie ihre politischen Ziele, also die Bekämpfung der sozialstaatlichen Mentalität im Lande, im Grunde besser an der Seite der SPD erreichen könne als in einer Koalition mit der Union. Wäre man satirisch veranlagt – oder auch nur zum Spaß aufgelegt – müsste man sagen: Recht so! Denn warum sollte man den Sozialdemokratismus nicht gleich an der Wurzel bekämpfen?

Aber über den gegenwärtigen Liberalismus – der doch so eine ernste und dringliche Sache sein könnte – keine Satire zu schreiben, ist ohnedies schwer. Quod erat demonstrandum.

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