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Außenminister Guido Westerwelle (l.) im Gespräch mit seinem chinesischen Amtskollegen Yang Jiechi (r.)

© Reuters

Aufklärung in China: Deutscher Dialog

Ein Kulturprojekt wie "Die Kunst der Aufklärung" nach China zu bringen ist eine gute Idee. Doch es droht die Gefahr, dass der Umgang mit dem chinesischen Regime ins Idealistische abgleitet.

Noch vor wenigen Monaten hätte man auch in Libyen eine große Ausstellung veranstalten können. Hoch über dem Mittelmeer, zwischen römischen Ruinen, hätte man ein prächtiges Zelt aufgebaut und dort Werke deutscher Künstler ausgestellt. Außenminister Westerwelle hätte zum Dialog der Kulturen gesprochen und Staatschef Gaddafi die Ausstellung feierlich eröffnet.

Doch Gaddafi ist jetzt ein Diktator, und die Ausstellung findet stattdessen in Peking statt. Es ist die größte, die deutsche Museen je im Ausland veranstaltet haben. Beteiligt sind die Staatlichen Museen in Dresden, Berlin und München, und das Auswärtige Amt soll zehn Millionen Euro dazugegeben haben. „Die Kunst der Aufklärung“ ist das Thema des Großprojekts, das im frisch renovierten Pekinger Nationalmuseum umgesetzt wird. Westerwelle hält die Auftaktrede zum Symposium „Aufklärung im Dialog“.

Die Aufklärung nach China zu bringen ist eine gute Idee. China, das den Friedensnobelpreisträger Liu Xiabao im Gefängnis hält, sich für Menschenrechte und den Klimawandel nicht interessiert, ein Faible für die Todesstrafe hat und kritische Besucher nicht ins Land lässt, kann Aufklärung gut gebrauchen. Dass die Ausstellung gerade am blutgetränkten Platz des Himmlischen Friedens stattfindet, mag den deutschen Ausstellungsmachern besonders clever vorgekommen sein. Die Idee, der Welt die Schönheit der deutschen Aufklärung vorzuführen, ist so gut, dass man daraus eine Wanderausstellung machen sollte: von Peking nach Teheran, von dort nach Moskau und vielleicht zum Abschluss doch nach Libyen. Wenn am Ende eine aufgeklärte chinesische Gesellschaft steht, wäre diese Art der Außenpolitik ein Erfolg. Wahrscheinlich ist das nicht.

Die Aufklärung, wenn auch nicht gerade kunstgeschichtlich präsentiert, ist Teil der „soft power“ des Westens. Dass die Deutschen dieser Form der kulturellen Außenpolitik besondere Bedeutung beimessen, ist nicht überraschend. Sie ist hierzulande beliebter als die harte, realpolitische Außenpolitik. Sie gleitet jedoch schnell, wie offenbar nun im Umgang mit dem chinesischen Regime, ins Idealistische ab. In den Händen einer kommunistischen Staatsbürokratie droht solche „soft power“ nämlich allzu weich zu werden. So weich, dass schon jetzt der Vorwurf erhoben wird, die Deutschen hätten sich bei diesem Projekt von den Chinesen instrumentalisieren lassen.

Dass das deutsche Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner das Pekinger Nationalmuseum aufwendig renovieren durfte, passt ins Bild: Die Deutschen profitieren ökonomisch von einer Schau, von der eigentlich China intellektuell profitieren sollte. So sind die Machtverhältnisse. Wer die Ausstellung sehen wird oder sehen darf, ob die Kunst mehr als nur Glanz, nämlich Aufklärung bringt – dafür wird die deutsche „soft power“ nicht mehr reichen. Es ist naiv zu glauben, dass sich der Künstler in China zu einer „öffentlichen Instanz“ wandeln könnte, wie es von deutscher Seite heißt. Eben erst wurde das Atelier des regimekritischen Künstlers Ai Weiwei in Schanghai von Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht. „Wir Chinesen erleben gerade“, sagt er, „ein Zeitalter der Dunkelheit.“

Vermutlich freuen sich die Chinesen, dass der Westen sich gerade in Libyen in einen Krieg gegen einen Diktator verwickeln lässt. Es schwächt ihn. Und vermutlich freuen sie sich ebenso sehr, dass ihnen nun eine schöne Ausstellung ins Land gestellt wurde. Denn sie wissen, dass diese Art der Aufklärung ihr diktatorisches System nicht schwächen wird.

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