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Meinung: Aufschwung ohne Arbeit

Von Alfons Frese

Überall Rekorde. Von sprunghaft steigenden Gewinnen ist die Rede, dem besten Ergebnis der Firmengeschichte und einer historisch hohen Dividende. Deutsche Bank und Allianz, Bertelsmann und BMW – die Perlen der Wirtschaft glänzen in diesem Frühling so schön wie noch nie. Es geht aufwärts. Die Konzerne sind fit und auf ihren jeweiligen Märkten in der Welt gut positioniert. Ein Unternehmen wie die Metro, das im Ausland gut verdient, aber im Inland unter der noch schwächelnden Binnennachfrage leidet, ist die Ausnahme. Alles in allem treffen auf den jetzt allerorten stattfindenden Hauptversammlungen zufriedene Aktionäre zusammen. Und die lassen sich die Laune auch nicht durch ziemlich aktuelle Risiken verderben. Der Euro wird immer teurer und belastet die deutsche Exportindustrie, vor allem den Fahrzeug- und Maschinenbau, und der Ölpreis nähert sich dem bisherigen Höchststand. Doch was soll’s – im Moment trübt das nicht die Stimmung. Beinahe täglich werden von Politik und Wissenschaft die Prognosen für das laufende Jahr nach oben korrigiert.

Und im Sommer dann, das versprechen die Experten der Bundesagentur, erreicht der Aufschwung auch den Arbeitsmarkt. Doch viel Hoffnung sollten sich die Arbeitslosen nicht machen. Mit jeder Rationalisierung, mit jedem neuen Produkt steigt die Produktivität, werden weniger Arbeitskräfte gebraucht. Bei der Allianz zum Beispiel könnten bis zu 8000 Stellen wegen so genannter Umstrukturierungen wegfallen. Bei Volkswagen sogar 20 000. Vielleicht sogar noch mehr. Kein Konzern hat in den vergangenen zwölf Monaten so viel Schlagzeilen gemacht wie VW, vermutlich in keinem anderen liegt so viel im Argen. Der zerstrittene Aufsichtsrat hat jetzt endlich den Vertrag des Vorstandsvorsitzenden Bernd Pischetsrieder verlängert. Die lähmende Selbstbeschäftigung und Taktiererei hat nun ein Ende, und Pischetsrieder kann mit Betriebsrat und IG Metall die nötigen Sanierungsschritte vereinbaren. Damit die 340 000 Mitarbeiter in aller Welt und die Aktionäre bald Klarheit haben. Und damit Volkswagen in vier oder fünf Jahren auch mal wieder zu den Konzernen gehört, die Rekorde schreiben.

Seiten 17 und 19

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