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Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, nimmt an einer virtuellen Videokonferenz des CSU-Vorstands teil.

© dpa/Peter Kneffel

Aufstand gegen Wahlrechtsreform: Auf einmal sind sich CSU und Linke ganz nah

Das Wahlrecht wird reformiert. Wer in den Bundestag will, muss künftig die Fünfprozenthürde schaffen, ausreichend Direktmandate genügen nicht mehr. Nicht allen gefällt das.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das ist mal eine Koalition: CSU und Linke vereint in Ablehnung. Und in Furcht. Denn neben der Linkspartei könnte es auch die CSU bei der nächsten Wahl nicht mehr in den Bundestag schaffen - wenn das geplante Wahlrecht Wirklichkeit wird.

Denn mit dem neuen Wahlrecht soll die sogenannte Grundmandateklausel gestrichen werden. Was bedeutet: Käme die CSU mit ihren Zweitstimmen in Bayern umgerechnet nicht über die Fünfprozenthürde im Bund, träte das bisher Unvorstellbare ein - sie hätte keine Sitze mehr im Bundestag. Und verlöre an Macht über die Region hinaus. Das gälte selbst dann, wenn sie „dahoam“ alle 46 Direktmandate gewinnen würde. Die zählen dann nicht mehr, wenn die fünf Prozent der Gesamtstimmen nicht erreicht sind.

Die bisher für einen Einzug in den Bundestag nötigen drei Direktmandate haben 2021 auch die Linke gerettet, andernfalls wäre sie an den fünf Prozent gescheitert. Die CSU kam seinerzeit auf 5,2 Prozent. Das klingt für die Zukunft auch plötzlich knapp.

Helle Aufregung links wie rechts; dabei war die SPD nur auf Einwände von Unions-nahen Fachleuten in den Beratungen eingegangen. Sie glaubte, der CDU und CSU damit entgegenzukommen.

Die Union will davon nichts mehr wissen. Warum? CDU/CSU können nur zusammen gewinnen. Ohne einander fehlt nicht nur was, sondern viel: die Chance aufs Kanzleramt.

Selbst wenn im Moment alle denken, das nächste Mal werde Friedrich Merz, CDU-Chef im dritten Anlauf, sich die Chance auf eine Kanzlerkandidatur nicht nehmen lassen – Markus Söder, der CSU-Vorsitzende, befeuert durch seine bloße politische Existenz andere Machtgedanken. Nämlich an einen Bayern, beziehungsweise Franken, im Kanzleramt.

Diese Vorstellung spukt schon noch in vielen Köpfen der Union herum, da kann Söder sagen, was er will. Ob er sich nicht doch erweichen ließe, wenn ihn die CDU nur ausreichend bitten wollte? Wetten darauf und dagegen werden zu gegebener Zeit abgeschlossen. Ein bisschen Zeit ist ja noch. Klar ist allerdings: Fehlt die CSU im Bundestag, kann Söder unmöglich Kanzler werden.

Wenig Zeit bleibt für Einsprüche gegen das geänderte Wahlrecht. Die Reform steht zwingend, dringend an. Dass am Ende die CSU mit der Linken dagegen stimmt? Unvorstellbar. Andererseits: Koalitionen gibt’s, die gibt es gar nicht…

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