zum Hauptinhalt

Barack Obama: Wechselnde Winde

Man darf es das Obama-Paradox nennen. Der Präsident erringt zählbare Erfolge.

Man darf es das Obama-Paradox nennen. Der Präsident erringt zählbare Erfolge. Aber sie bringen ihm keine breite Anerkennung in den Umfragen. In der vergangenen Woche hat der Kongress die Reform der Aufsicht über die Finanzmärkte verabschiedet. Es ist der tiefste Eingriff in die Branche seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren. Eigentlich müsste das populär sein. Bank-Manager sind derzeit verhasst. Auch bei der Ölpest gab es endlich den Erfolg, auf den Amerika seit drei Monaten gewartet hatte: Der Fluss von Rohöl ins Meer wurde gestoppt.

Anhänger Obamas sehen in ihrem Idol bereits einen der großen US-Präsidenten. Gesundheits- und Finanzreform seien Leistungen für die Geschichtsbücher. In den Umfragen aber ist Obama auf Mittelmaß gesunken. Mit je rund 47 Prozent halten sich positive und negative Bewertungen die Waage. Gewiss, Politiker müssen nicht Umfragen, sondern Wahlen gewinnen, pflegte Helmut Kohl zu spotten. Doch es bleiben nur dreieinhalb Monate bis zur Kongresswahl. Sie entscheidet darüber, ob der Präsident die Parlamentsmehrheit verliert. Da entfalten die Umfragewerte ihre Eigendynamik. Unter demokratischen Abgeordneten und Senatoren macht sich Panik breit. Sie scheuen vor Schuldzuweisungen an das Weiße Haus nicht mehr zurück. Und sie argwöhnen, der Präsident halte sich mit Wahlkampfhilfe zurück, damit die befürchtete Niederlage ihm nicht angelastet wird. Er denke nicht an den Herbst 2010, sondern den November 2012, wenn er selbst wiedergewählt werden möchte.

Die Gründe für das Stimmungstief sind leicht zu deuten. Die Wirtschaftslage ist trotz des teuren Konjunkturpakets weiter schlecht und die Arbeitslosigkeit hoch. Der Frust wiegt schwerer als die Reformen, die sich im Alltag der Bürger nicht so rasch positiv bemerkbar machen. Und ein Erfolg, der wie bei der Ölpest viel zu lange auf sich warten lässt, ist am Ende wenig wert.

Es war immer klar, dass die Demokraten bei der Kongresswahl viele Sitze verlieren werden. Die Frage war, ob sie die Verluste begrenzen und eine knappe Mehrheit behalten. Dank der Obama-Begeisterung haben sie 2008 weit oberhalb ihres gewohnten Potenzials abgeschnitten und viele Mandate in Republikaner-Territorium erobert. Es bedeutet nur die Rückkehr zur Normalität, wenn sie die wieder verlieren. Ronald Reagan, der Ikone der Konservativen, ging es nicht anders. Auch seine Popularität lag nach anderthalb Jahren unter 50 Prozent. Auch er verlor die Kongresswahl. Und gewann doch eine zweite Amtszeit.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false